Trendsetter in der Drogenarbeit: Die AIDS-Hilfe Ahlen feiert ihr 25-jähriges Bestehen

Große Preisfrage: Wo stand der erste Spritzenautomat in Nordrhein-Westfalen?

Antwort: In Ahlen, einer 56.000-Einwohner-Stadt im Kreis Warendorf, eher bekannt durch seine jährlichen Hengstparaden. Aufgestellt hat den Automaten die AIDS-Hilfe Ahlen, die in dieser Woche ihr 25-jähriges Bestehen mit einer kleinen Veranstaltungsreihe begeht. Heute enden die Feierlichkeiten mit einer schwul-lesbischen Party endet.

Ausschlaggebend für die Gründung 1986 war die Drogenszene in Ahlen, durch deren Erwähnung in einem SPIEGEL-Beitrag die Stadt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückte. Edwin Scholz, damals Leiter der Drogenberatungsstelle in Warendorf, rief zusammen mit Landtagsabgeordneten, Kommunalpolitikern und anderen Mitarbeitern von Drogenberatungsstellen den Verein ins Leben, der bald in die Förderung durch Kommune, Kreis und Land aufgenommen wurde und 1987 die erste hauptamtliche Verwaltungskraft einstellen konnte. Später kamen eine pädagogische Fachkraft und eine Youthwork-Stelle hinzu.

Dass Ahlen einen Spritzenautomat brauchte, war Edwin Scholz nach einer Besichtigung des Prototyps in Bremen klar. Er erinnert sich, wie Mitarbeiterin Monika Rüsch einen Tabakwarenhersteller auftrieb und solange bearbeitete, bis der bereit war, einen alten Zigarettenautomaten für die Spritzen umzurüsten. „Wir haben in Ahlen gar nicht groß gefragt, sondern den Automaten einfach aufgehängt. Der wurde dann auch toleriert – anders als später in Dortmund, wo sich sofort eine Bürgerinitiative gegen die Automaten organisierte.“ Die AIDS-Hilfe Ahlen betreibt noch heute ein flächendeckendes Programm mit elf Automaten im gesamten Kreis Warendorf.

Zum anfänglichen Schwerpunkt auf Prävention im Drogenbereich gehörte auch die Mitgründung von akzept e.V., dem Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik. Nach dieser Startphase war es für den Verein zunächst schwierig, auch schwule Themen zu besetzen; die junge Aidshilfe organisierte zum Beispiel Veranstaltungen im Bürgerzentrum, zu denen aber niemand kam, weil das ein Outing bedeutet hätte. Schwule Männer suchten eher die Anonymität in den nahen Städten Münster und Dortmund. Das hat sich, so Edwin Scholz, inzwischen deutlich gebessert - vor allem durch den Einsatz von ehrenamtlichen schwulen Männern.

Nicht alle Zeiten, die Edwin Scholz im Vorstand bis heute mitgestaltet hat, waren für die AIDS-Hilfe Ahlen rosig: Um ihren eigenen Haushalt abzusichern, zog sich die Stadt 2002 im laufenden Jahr komplett aus der Finanzierung zurück und verwies die Zuständigkeit für Gesundheitsbelange an den Kreis. Kurze Zeit später wurde auch ein Teil der Landesmittel gekürzt. Dadurch verlor der Verein eine der beiden Stellen für die Präventionsarbeit.

Heute wird der Laden von der Sozialarbeiterin und –pädagogin Sandra Könning und der Teilzeit-Verwaltungsfachkraft Annette Seitz geschmissen. Dazu kommt ein festes Team von zwölf ehrenamtlich Engagierten, mit deren Hilfe es gelungen ist, einen Großteil der Beratungs- und Betreuungsangebote zu retten. Dennoch bleibt die Einrichtung auf Spenden angewiesen, um ihre Existenz erhalten zu können.

Wenn er drei Wünsche für „seine“ Aidshilfe frei hätte, wären das für Edwin Scholz deshalb eine gesicherte Finanzierung, die bleibende Unterstützung durch ehrenamtliche Mitarbeiter – verbunden mit dem Extra-Wunsch, dass diese auch „ihr Herz für die Vorstandsarbeit entdecken“ – und mehr gesundheits- und gesellschaftspolitsches Bewusstsein für den Stellenwert von Aidshilfe-Arbeit.

(Annette Fink)