HIV-Positiver zu Schadensersatz verurteilt

Nach Sex ohne Kondom: Der Beklagte muss für die Postexpositionsprophylaxe (PEP) eines Sexpartners zahlen, obwohl seine Viruslast nach eigenen Angaben dauerhaft unter der Nachweisgrenze liegt

Ein HIV-positiver Mann muss einem Sexpartner 1.140 Euro Schadensersatz für die Kosten einer sogenannten Postexpositionsprophylaxe (PEP) zahlen, nachdem er ohne Kondom mit ihm Analverkehr hatte. Das hat das Amtsgericht Köln entschieden. Der HIV-Positive hatte sich darauf berufen, er könne niemanden anstecken, da er aufgrund einer gut wirksamen HIV-Therapie nicht mehr infektiös sei. In seinem Blut seien keine Viren mehr nachweisbar.

Die beiden Männer hatten sich über eine Datingplattform im Internet kennengelernt. Der HIV-Negative schlug geschützten Sex vor, worauf der andere antwortete, ein Kondom sei nicht nötig. Nach dem Sex erzählte er seinem Partner dann von der HIV-Infektion.

Der Student bekam daraufhin Angst und ließ sich die PEP verschreiben. Durch diese mehrwöchige medikamentöse Behandlung kurz nach einem riskanten Sexkontakt lässt sich eine HIV-Infektion in den meisten Fällen noch verhindern. Der junge Mann blieb HIV-negativ, doch seine russische Krankenkasse weigerte sich, die Kosten für die PEP zu übernehmen.

Das Gericht verurteilte nun den HIV-Positiven zur Zahlung von 75 Prozent der Kosten zuzüglich Zinsen; auch die Prozesskosten muss der Beklagte tragen.Die restlichen 25 Prozent muss der Austauschstudent selbst bezahlen: Der Richter sprach ihm ein  „Mitverschulden“ von 25 Prozent zu, da auch er für Schutz hätte sorgen können.

Der Richter argumentiert in der am Freitag veröffentlichten Urteilsbegründung, der Beklagte hätte vor dem Sex auf seine Infektion hinweisen müssen. Das hätte dem Kläger ermöglicht, das Risiko abzuwägen und selbst zu entscheiden, ob er es eingehen wolle.

Die Angst des Studenten vor einer HIV-Infektion ist nach Auffassung des Richters „ohne weiteres nachvollziehbar“. Er habe auch keinen Grund gehabt, dem anderen zu vertrauen, als dieser sagte, er sei nicht infektiös, schließlich hätte der kurz zuvor seine HIV-Infektion verschwiegen. Dessen Aussagen seien für den Kläger nicht überprüfbar gewesen – deswegen habe er verständlicherweise die PEP eingenommen.

Fakt ist: Die Übertragung von HIV unter einer antiretroviralen Therapie ist sehr unwahrscheinlich, wenn drei Bedingungen erfüllt sind:

  • Seit mindestens sechs Monaten ist kein HIV mehr im Blut nachweisbar
  • Der HIV-Positive nimmt seine Medikamente konsequent ein und der Therapieerfolg wird durch einen Arzt regelmäßig kontrolliert
  • Es liegen beim Infizierten keine Schleimhautschädigungen vor, zum Beispiel durch andere sexuell übertragbare Infektionen

Unter diesen Bedingungen schützt die Therapie des Positiven nach aktuellem Kenntnisstand mindestens ebenso gut vor einer HIV-Übertragung wie ein Kondom. Überprüfbar sind diese Bedingungen für HIV-Negative aber nur in festen Partnerschaften mit einem entsprechenden Vertrauensverhältnis. Für Gelegenheitskontakte empfiehlt die Deutsche AIDS-Hilfe Kondome.

(Holger Wicht)

Weitere Informationen über die "Viruslastmethode"

Positionspapier der Deutschen AIDS-Hilfe zu "Therapie und Prävention"