HIV-Test: Do it yourself?

Bin ich HIV-infiziert? Diese Frage kann sich in den USA vielleicht schon bald jeder (vorläufig) selbst beantworten: Ein „HIV-Heimtest“ steht dort vor der Zulassung.

Eine kleine Probe mit Flüssigkeit vom Zahnfleisch reicht, und innerhalb von 20 Minuten gibt’s die Selbstdiagnose – so das Produktversprechen. Ein Beratergremium der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA sprach sich in der vergangenen Woche einstimmig für die Zulassung des HIV-Heimtests aus.

Doch eine solche „Selbstdiagnose“ ist problematisch, erläutert der Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe, Armin Schafberger: „In einer Studie mit ca. 5.800 Teilnehmern versagte der Test im Schnitt bei sieben von 100 HIV-positiven Anwendern. Das heißt: Sie bekamen fälschlicherweise ein HIV-negatives Ergebnis dargestellt, obwohl sie HIV-positiv sind.“

Grund dafür seien wahrscheinlich Anwendungsfehler, so Schafberger. „Obwohl der Test fälschlicherweise ‚Speicheltest‘ genannt wird, soll der Abstrich gar nicht mit allzu viel Speichel in Kontakt kommen, sondern mit der an Antikörpern reicheren Flüssigkeit auf dem Zahnfleisch.“

Das amerikanische Expertengremium sprach sich dafür aus, den Nachteil falsch negativer Ergebnisse in Kauf zu nehmen, weil man bei breiter Anwendung mehr HIV-Diagnosen aufdecken würde. „Das nützt aber dem Einzelnen, dessen Diagnose übersehen wurde, überhaupt nichts“, so Schafberger.

Umgekehrt gebe es auch falsch positive Tests: „Führen in Deutschland, wo 0,1 Prozent der Bevölkerung HIV-infiziert sind, 10.000 Menschen diesen Heimtests durch, entdeckt man nicht alle zehn statistisch zu erwartenden HIV-Infektionen, aber in 20 Fällen bekommt der Anwender das Ergebnis HIV-positiv, obwohl er gar nicht infiziert ist.“

Ein erhebliches Problem sei zudem, dass man bei einem „Heimtest“ keinen Berater oder keine Beraterin zur Verfügung habe, wie das bei professionell durchgeführten Tests Standard sei. Im Beratungsgespräch wird unter anderem geklärt, ob wirklich ein Risiko vorlag, wie sicher das Ergebnis ist und was das Ergebnis bedeutet. „Ein negatives HIV-Testergebnis heißt zum Beispiel nicht zwingend, dass keine HIV-Infektion vorliegt“, erläutert der DAH-Medizinreferent. „Nach einer Ansteckung kann es nämlich bis zu drei Monate dauern, bis der Körper genug Antikörper gegen HIV gebildet hat, damit der Test eine Infektion nachweisen kann. Wenn ich also nach dem letzten Risikokontakt zu früh teste, kann ich fälschlicherweise ein negatives Ergebnis bekommen, obwohl ich in Wirklichkeit infiziert bin.“

Umgekehrt heiße ein positives Testergebnis nicht automatisch, dass man HIV-infiziert ist: „Sämtliche Suchtests, auch Schnelltests, sind sehr empfindlich und geben ab und an auch mal falschen Alarm. Deshalb muss nach jedem positiven Suchtest ein Bestätigungstest erfolgen – auch nach einem positiven Ergebnis bei einem Heimtest. Eine komplette Heimdiagnostik ist also gar nicht möglich.“

In Deutschland ist der Vertrieb von HIV-Heimtests seit dem 21. März 2010 verboten. HIV-Tests dürfen laut Infektionsschutzgesetz nur unter ärztlicher Aufsicht und im Beisein einer Ärztin oder eines Arztes durchgeführt werden – zum Beispiel in Gesundheitsämtern, Aidshilfen oder Testprojekten. „Und das ist auch gut so“, sagt Armin Schafberger: „Auch wenn der Heimtest vielleicht attraktiv erscheint, weil man ihn völlig anonym machen kann – Antworten auf Fragen und Beratung zu HIV, Safer Sex und anderen sexuell übertragbaren Infektionen kann er nicht liefern.“

Beratung zum HIV-Test bekommt man zum Beispiel bei Aidshilfen, Gesundheitsämtern und unter www.aidshilfe-beratung.de

(Juliane Böthner/hs)

 

Quellen/weitere Informationen

Veröffentlichung des FDA-Beratergremiums für Blutprodukte vom 15.05.2012 (PDF-Dokument in englischer Sprache)

Beitrag auf huffingtonpost.com vom 15.05.2012 (in englischer Sprache)

Meldung auf aerzteblatt.de vom 16.05.2012

HIV- und STI-Tests: Informationen und Standards 2012/2013 (Deutsche AIDS-Hilfe)