Wirksame antiretrovirale Therapie schützt vor sexueller HIV-Übertragung

In der angesehenen medizinischen Zeitschrift Journal of the American Medical Society (JAMA) wurden jetzt die endgültigen Ergebnisse der PARTNER-Studie veröffentlicht. Sie untermauern die Aussage, dass wirksam antiretroviral behandelte Menschen mit HIV sexuell nicht ansteckend sind.

Ausgewertet wurden 1238 „Partner-Jahre“ von 548 heterosexuellen und 340 schwulen serodifferenten Paaren (das heißt, ein_e Partner_in ist HIV-positiv, ein_e Partner_in HIV-negativ). Voraussetzung für die Aufnahme in die Studie war, dass die Viruslast der HIV-positiven Partner_innen unter 200 Viruskopien pro Milliter Blutplasma lag und dass die Paare beim Sex nicht immer Kondome verwendeten.

Im Studienzeitraum hatten die Partner_innen insgesamt mindestens 58.000 Mal eindringenden Anal- oder Vaginalverkehr ohne Kondom. Trotzdem gab es keine einzige HIV-Übertragung. Zwar wurde bei 11 Teilnehmer_innen eine HIV-Infektion neu diagnostiziert, doch hatten sich alle nachweislich bei Partner_innen außerhalb der Studie infiziert.

Dass das Risiko einer HIV-Übertragung bei funktionierender HIV-Therapie gegen Null geht, ist schon seit längerer Zeit wissenschaftlicher Konsens. Umstritten war, ob andere sexuell übertragbare Infektionen den Schutz durch Therapie gefährden. In der PARTNER-Studie war dies nicht der Fall – es kam zu keiner Übertragung, obwohl 91 der HIV-positiven Teilnehmer_innen (je 16 heterosexuelle Männer und Frauen sowie 59 schwule Männer) im Beobachtungszeitrum eine Geschlechtskrankheit hatten. Bei unbehandelten Menschen mit HIV erhöhen Geschlechtskrankheiten das Risiko einer HIV-Übertragung.

Wichtig ist die PARTNER-Studie auch, weil sie aussagekräftige Daten zu schwulen Männern liefert. Um diese Datenbasis zu verbreitern, läuft derzeit noch die PARTNER-2-Studie weiter, in die weiterhin schwule Paare aufgenommen werden.

In ihren Schlussfolgerungen sind die Autor_innen der Studie vorsichtig: Ihre Ergebnisse könnten keine direkte Antwort auf die Frage liefern, ob kondomloser Sex zwischen HIV-Positiven unter wirksamer antiretroviraler Therapie und HIV-Negativen „sicher“ sei. Rein theoretisch seien Infektionen bei einer Ausweitung des Beobachtungszeitraums möglich.

Simon Collins dagegen, Community-Vertreter im Steuerungsgremium der Studie, nennt dieses Risiko „praktisch gleich Null“ („effectively zero“). Er sieht die Wissenschaft jetzt mit der Klärung der Frage beauftragt, ob eine HIV-Übertragung unter diesen Bedingungen tatsächlich möglich ist – schließlich hätten weder Geschlechtskrankheiten noch auch die wahrscheinlich aufgetretenen vorübergehenden kleinen Anstiege der Viruslast („Blips“) zu Infektionen geführt.

Collins und andere HIV-Aktivist_innen sowie Präventionist_innen erhoffen sich von den Ergebnissen unter anderem eine Entängstigung von Menschen mit und ohne HIV sowie Rückenwind für das Engagement gegen die Stigmatisierung HIV-Positiver und ihre Kriminalisierung.

(ascho/hs)

Quellen/weiterführende Informationen:

Sexual Activity Without Condoms and Risk of HIV Transmission in Serodifferent Couples When the HIV-Positive Partner Is Using Suppressive Antiretroviral Therapy (Journal of the American Medical Society, July 12, 2016, Vol. 316, Number 2)

„Condomless Sex with Virologically Suppressed HIV-Infected Individuals: How Safe Is It?“ (Editorial, Eric S. Daar/Katya Corado, Journal of the American Medical Society, July 12, 2016, Vol. 316, Number 2)

Fragen und Antworten zur PARTNER-Studie auf dem HIV-Portal TheBody.com (in englischer Sprache)

Meldung vom 5. März 2014 zur Zwischenauswertung der PARTNER-Studie auf aidshilfe.de 

Häufig gestellte Fragen und Antworten zum Thema Schutz durch Therapie auf aidshilfe.de