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HIV ist generell im Vergleich zu anderen sexuell übertragbaren Infektionen schwer übertragbar.1 Im Alltag besteht keinerlei Übertragungsrisiko, und bei einer erfolgreichen HIV-Therapie ist HIV (auch sexuell) nicht übertragbar.2 Außerdem kommen Mutter-Kind-Übertragungen unter ART praktisch nicht mehr vor, und Frauen mit HIV können vaginal entbinden und auch stillen.

Damit es zu einer HIV-Übertragung kommt, muss eine ausreichende HIV-Menge in die Blutbahn, auf offene Hautstellen oder auf bestimmte Schleimhäute gelangen – vor allem die Anal- und Vaginalschleimhaut, die Schleimhaut am Gebärmutterhals, aber auch die Schleimhäute am Penis (Harnröhreneingang, Bändchen, Innenseite der Vorhaut).

Bei Menschen mit HIV ohne medikamentöse Behandlung reicht die HIV-Menge für eine Übertragung nur in Blut, Sperma, dem Flüssigkeitsfilm auf den Schleimhäuten von Rektum, Vagina und Gebärmutterhals sowie in Muttermilch aus. Das Risiko einer HIV-Übertragung ist erhöht, wenn sich sehr viele Viren im Blut und den Körperflüssigkeiten befinden. Das ist zum Beispiel zwei bis vier Wochen nach einer frischen HIV-Infektion der Fall, weil sich das Virus dann besonders stark vermehrt. Die meisten Menschen wissen zu diesem Zeitpunkt noch nichts von ihrer Infektion, deshalb finden in dieser Phase die meisten HIV-Übertragungen statt.

  • Bei Alltagskontakten besteht keinerlei Ansteckungsgefahr (körperliche Berührung, Husten, Niesen, gemeinsame Benutzung von Toiletten etc.).
  • Im medizinischen Arbeitsablauf sind die Standardhygienemaßnahmen ausreichend.
  • Bei Arbeitsunfällen (z. B. bei Stich- oder Schnittverletzungen mit HIV-kontaminierten Instrumenten oder bei Benetzung von offenen Wunden und Schleimhäuten mit HIV-haltigen Flüssigkeiten) ist das Risiko einer HIV-Übertragung sehr gering. Man nimmt an, dass es weltweit insgesamt nur um die 100 Fälle gab, fast alle vor der breiten Einführung der ART.3 Minimiert werden kann das Risiko durch Sofortmaßnahmen und gegebenenfalls eine unverzüglich (innerhalb von 48 Stunden) begonnene vierwöchige medikamentöse HIV-Post-Expositions-Prophylaxe.
  • Deutlich ansteckender als HIV sind Hepatitis-B-Viren (HBV) und Hepatitis-C-Viren (HCV). Während etwa das durchschnittliche Infektionsrisiko nach einer perkutanen HIV-Exposition auf 0,3 Prozent geschätzt wird, liegt es bei Hepatitis C bei schätzungsweise 1,8 und bei Hepatitis B zwischen 6 und 30 Prozent.4
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Für Beratungsgespräche in der Praxis sind auch Informationen zum Schutz vor sexueller HIV-Übertragung wichtig. Gerade das Konzept einer Prävention durch Therapie oder auch die Prä-Expositions-Prophylaxe, die mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) für bestimmte Risikopatient*innen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen wurde, sind vielen Menschen noch nicht bekannt.

1 Während das statistische Übertragungsrisiko pro HIV-Exposition für aufnehmenden Vaginalverkehr auf 0,04 Prozent und für einführenden Vaginalverkehr auf 0,08 Prozent geschätzt wird (zum Vergleich: aufnehmender Analverkehr 1,38 Prozent, einführender Analverkehr 0,11 Prozent; siehe Roger Pebody, Estimated HIV risk per exposure, Mai 2020, aidsmap.com), geht das Robert-Koch-Institut z. B. bei Syphilis-Exposition von einem Pro-Kontakt-Risiko von etwa 30 Prozent aus (RKI-Ratgeber Syphilis).

2 Weltgesundheitsorganisation (WHO): Viral suppression for HIV treatment success and prevention of sexual transmission of HIV

3 aidsmap.com: Needlestick injuries, discarded needles and the risk of HIV transmission, Juni 2019

4 Risk and Management of Blood-Borne Infections in Health Care Workers, 2000