Aktionsplan gegen Virushepatitis in Deutschland vorgestellt

Virushepatitis ist ein drastisch unterschätztes Problem. Ein breites Bündnis von Institutionen beschreitet nun gemeinsam neue Wege, um Diagnostik, Prävention und Behandlung zu verbessern.

Virushepatitis, die Entzündung der Leber aufgrund von Infektionen mit Hepatitisviren, ist eine weit verbreitete, aber vollkommen unterschätzte Erkrankung. Die 63. Weltgesundheitsversammlung der WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat im Jahr 2010 die Virushepatitis als ein „weltweit bedeutendes Gesundheitsproblem“ benannt.

In Deutschland sind vermutlich mehr als eine Million Menschen von einer chronischen viralen Entzündung der Leber betroffen, davon sind über 500.000 Menschen mit dem Hepatitis B und 400.000 bis 500.000 Menschen mit dem Hepatitis C-Virus infiziert. Viele wissen nicht einmal davon. Von den diagnostizierten Patienten erhält nur eine Minderheit eine angemessene Behandlung, obwohl wirksame Therapien zur Verfügung stehen. Jedes Jahr sterben zahlreiche Menschen an den Folgen einer Virushepatitis. Die Kosten durch die starke Verbreitung der Virushepatitis sind enorm, aufgrund mangelnder Daten jedoch schwer zu beziffern.

Viele der Infektionen und der Todesfälle wären vermeidbar. Es mangelt am Bewusstsein für die Gefahren sowie die Schutz- und Behandlungsmöglichkeiten der Virushepatitis.

Mit dem „Aktionsplan für eine nationale Strategie gegen Virushepatitis in Deutschland“, der heute Vormittag in Berlin vorgestellt wurde, gibt es nun erstmals ein gemeinsam erarbeitetes Papier von insgesamt acht Institutionen mit Vorschlägen für dringend notwendige Maßnahmen zur Prävention und für die medizinische Behandlung der Virushepatitis.

Die beteiligten Institutionen sind die Deutsche Leberstiftung, die Deutsche Leberhilfe e.V. und das Aktionsbündnis „Hepatitis und Drogenbrauch“ (mit der Deutschen AIDS-Hilfe, akzept e.V., dem JES-Bundesverband, dem Bundesverband der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit sowie der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin).

 

Besondere Zielgruppen – besondere Settings

Der Aktionsplan soll insgesamt das Bewusstsein für Virushepatitis und ihre Übertragungswege steigern. Dabei sind für unterschiedliche Zielgruppen unterschiedliche Maßnahmen geplant. Die Zielgruppen sind:

• Allgemeine Öffentlichkeit

• Menschen mit Migrationshintergrund

• Menschen, die Drogen gebrauchen

• Inhaftierte Menschen

• Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) 

 

Der Aktionsplan – ein strategischer Weg

Ziel des Aktionsplans ist es, Infektionen zu vermeiden und bereits bestehende akute und chronische Infektionen zu erkennen und zu behandeln. Dafür sind Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen notwendig:

• Steigerung des Bewusstseins für Virushepatitis und ihre Übertragungswege

• Einbindung der Strategie in ein Konzept für Öffentliche Gesundheit

• Aufklärung über Virushepatitis als Bestandteil staatlicher Gesundheitsprogramme

• Abbau der Stigmatisierung von Menschen mit chronischer Virushepatitis

• Anpassung von Interventionen an die Lebensverhältnisse – das gilt vor allem für besondere Zielgruppen (Migranten, Drogengebraucher, Menschen in Haft usw.)

• Zugang zu einer leitliniengerechten Therapie für alle Patienten mit einer Virushepatitis

• Maßnahmen für die weitere Verbesserung der Virushepatitis-Therapie

• Erhebung von aussagekräftigen Daten zur Häufigkeit von Virushepatitis und deren Krankheitsfolgen wie Leberzirrhose und Leberzellkrebs

 

Prävention und Gesundheitsförderung

• Aufklärung über Virushepatitis muss in bestehende staatliche Gesundheitsprogramme übernommen werden.

• Testung auf Hepatitisviren muss unter Berücksichtigung und Beteiligung bestimmter Zielgruppen durchgeführt werden.

• Prävention muss durchgeführt werden, um die Inzidenz und Prävalenz von Virushepatitiden zu verringern.

• Eine Strategie gegen Hepatitis muss in ein „Public-Health“-Konzept (Öffentliche Gesundheit) als Teil einer sozialen und politischen Strategie eingebunden sein.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es verschiedene staatlich unterstützte Institutionen, die das Ziel haben, die Bevölkerung über Gesundheitsrisiken aufzuklären. Aufklärung zu Virushepatitis wurde bislang nicht ausreichend in staatliche Aufklärungsprogramme aufgenommen. Dies muss dringend korrigiert werden, um Prävalenz und Inzidenz zu reduzieren. Ein wichtiges Instrument zur Senkung von Prävalenz und Inzidenz ist die Untersuchung auf Hepatitisviren. Da es Personenkreise gibt, die einem höheren Hepatitis-Virusinfektionsrisiko ausgesetzt sind oder waren, sollten die Zugangsmöglichkeiten und Angebote zur Testung den jeweiligen Gruppen angepasst werden.

 

Zugang zur Behandlung

Allen Patienten mit Virusinfektionen der Leber in Deutschland soll ein Zugang zu einer leitliniengerechten Therapie ermöglicht werden. Es ist notwendig, Patienten und Ärzte entsprechend besser über Krankheitsverlauf und Therapieoptionen aufzuklären und eine bedarfsgerechte Unterstützung der Betroffenen vor, während und nach der Therapie zu gewährleisten. Die Hepatitistherapie sollte von qualifizierten Ärzten durchgeführt werden. Die ressourcenintensive Behandlung muss angemessen honoriert werden. Maßnahmen sind dringend erforderlich, um

• eine optimierte Behandlung der Hepatitis B zu erreichen.

• einen sinnvollen Einsatz der aufwendigen Therapie der Hepatitis C zu gewährleisten.

• die Behandlungsoptionen für die Hepatitis delta zu verbessern.

• bessere Kenntnisse zur chronischen Hepatitis E zu gewinnen.

 

Kontakt:

Aktionsbündnis Hepatitis und Drogengebrauch

Prof. Dr. Heino Stöver

Fachhochschule Frankfurt – University of Applied Sciences

Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit (Faculty „Health and Social Work”)

Nibelungenplatz 1, 60318 Frankfurt

hstoever@fb4.fh-frankfurt.de

 

Deutsche Leberhilfe e.V.

Achim Kautz

Krieler Straße 100, 50935 Köln

info@leberhilfe.org

www.leberhilfe.org

 

Deutsche Leberstiftung

Prof. Dr. Heiner Wedemeyer

Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover

presse@deutsche-leberstiftung.de

www.deutsche-leberstiftung.de