Antiretrovirale Therapie schützt vor sexueller HIV-Übertragung

Was lange schon beobachtet und diskutiert wurde, ist nun bestätigt: Die HIV-Therapie schützt die Partner_innen von Menschen mit HIV vor der sexuellen Übertragung von HIV.

Das zeigt eine Studie des „HIV Prevention Trials Networks“ (HPTN). Deren Ergebnisse wurden gestern von den „National Insitutes of Health“ (NIH) der USA veröffentlicht.

In der Studie ging es um die Frage, ob ein früher Therapiebeginn die Infektionswahrscheinlichkeit bei festen Partner_innen von Menschen mit HIV herabsetzt. Zugleich sollte erforscht werden, ob auch die HIV-Positiven davon profitieren.

Untersucht wurden 1.763 Paare, die allermeisten (97 Prozent) heterosexuell. Dann wurden zwei Gruppen gebildet: In der einen Gruppe erhielten die HIV-Positiven sofort HIV-Medikamente, in der anderen erst, wenn die HIV-Infektion weiter fortgeschritten war (CD4-Zellen unter dem Wert von 250 pro Mikroliter Blut oder Auftreten einer sogenannten aidsdefinierenden Erkrankung).

Es handelt sich bei dieser Art von Studie um den Goldstandard der Forschung, denn wenn man die Studienteilnehmer_innen nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufteilt, hat man alle „Störfaktoren“ und Besonderheiten ebenfalls gleichmäßig verteilt: Menschen, die ihre Medikamente nicht regelmäßig einnehmen, alte und junge, sexuell aktive und weniger aktive und so weiter.

Bisher war die Erkenntnis, dass HIV-Medikamente Übertragungen verhindern, nur durch weniger aussagekräftige Studien abgesichert.

Diese „Goldstandard-Studie“ belegt nach Angaben der Forscher_innen nun nicht nur den Schutz vor einer HIV-Übertragung, sondern auch einen erheblichen Nutzen eines frühen Therapiebeginns für die HIV-Positiven: Bei ihnen kam es zu weniger Folgeerkrankungen. Die Studie wurde daraufhin abgebrochen, da es nicht mehr verantwortbar erschien, den Menschen in der Vergleichsgruppe den Nutzen der Therapie vorzuenthalten.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die HIV/Aids-Organisation der Vereinten Nationen, UNAIDS, bezeichneten die Studienergebnisse gestern in einer gemeinsamen Pressemitteilung als „bahnbrechend“. „Dieser Durchbruch verändert die Situation erheblich“, sagte UNAIDS-Direktor Michel Sidibé. „Er macht HIV-Behandlung zu einer neuen Priorität in der Prävention. Nun müssen wir dafür sorgen, dass Paare sich auch für diese Option entscheiden können und Zugang zu Medikamenten haben.“

Sidibé bezieht sich damit vor allem auf die Situation in ärmeren Teilen der Welt. Doch auch für Menschen mit HIV hierzulande verbessert sich die Situation: „Sie haben nun Gewissheit, dass die Therapie ihre Partner zuverlässig schützt“, sagt der Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe, Armin Schafberger. „Das haben wir zwar schon gewusst, die Studie untermauert dieses Wissen aber nun mit klaren Zahlen.“

Bedingung für die Schutzwirkung der Therapie ist, dass die HIV-Medikamente zuverlässig eingenommen werden und im Blut mindestens ein halbes Jahr lang keine Viren mehr nachgewiesen werden können.

(Holger Wicht/hs)

Anm. d. Red.: Der Text wurde am 1.11.2018 überarbeitet.

Quellen:

Pressemitteilung des HIV Prevention Trial Networks

Pressemitteilung von UNAIDS und WHO

Weitere Informationen:

www.aidshilfe.de/schutz-therapie