Deutsche AIDS-Hilfe zu Drogenbericht: Todesfälle sind vermeidbar

Die Zahl der Drogentoten in Deutschland ist erstmals seit Jahren wieder gestiegen: Im Jahr 2013 starben 1002 Menschen infolge von Drogenkonsum, im Jahr zuvor waren es 944 gewesen – ein Anstieg um 6 Prozent.

Das teilt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), mit. Sie hat heute in Berlin den Rauschgiftlagebericht 2013 vorgestellt.

Dazu erklärt Winfried Holz vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH):

„Die hohe Zahl der der Drogentoten ist kein Schicksal, sondern das Ergebnis verfehlter Drogenpolitik. Ein großer Teil der Todesfälle ist vermeidbar. Noch immer gibt es in den meisten Bundesländern keine Drogenkonsumräume, obwohl diese Einrichtungen nachweislich Leben retten. Die Untätigkeit der Länder kann man mittlerweile nur noch als unterlassene Hilfeleistung bezeichnen.“

2013: Drogenkonsumräume retten rund 200 Menschen das Leben

Drogenkonsumräume gibt es bislang in sechs Bundesländern (Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland). Sie verlagern den Konsum von Heroin und anderen Drogen aus der Öffentlichkeit in ein hygienisches Umfeld mit medizinischer Betreuung und Beratungsangeboten zu Schutz- und Therapiemöglichkeiten. Sterile Spritzen und Konsumutensilien verhindern HIV- und Hepatitisinfektionen.

2013 wurden in deutschen Drogenkonsumräumen mindestens 194 Menschen in lebensbedrohlichen Situationen gerettet. Zu Hause oder auf der Straße wären die meisten von ihnen gestorben. Die tatsächliche Zahl liegt noch deutlich höher, weil nicht alle Einrichtungen ihre Notfälle dokumentiert haben. (Quelle: Deutsche AIDS-Hilfe/ Arbeitskreis Drogenkonsumräume).

Die wirksamsten Maßnahmen kommen nicht zum Einsatz

Im Jahr 2000 hat die damalige Bundesregierung im Betäubungsmittelgesetz die Möglichkeit geschaffen, Drogenkonsumräume einzurichten. In Ländern wie Bayern, die sich dieser Möglichkeit verweigern, ist die Zahl der Drogentoten nach wie vor extrem hoch.

DAH-Vorstand Winfried Holz: „Die Landesregierungen nehmen aus kurzsichtigem politischen Kalkül den Tod von Menschen in Kauf. Wir fordern die Bundesregierung auf, ihren ganzen Einfluss geltend zu machen, damit so schnell wie möglich mehr Menschenleben gerettet werden können. Es ist absurd: Die wirksamsten Maßnahmen kommen nicht zum Einsatz!“

Medikament Naloxon muss Standard werden

Das gilt auch für das Medikament Naloxon. Es wirkt gegen Atemlähmung und Bewusstlosigkeit bei einer Überdosis Heroin. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen: Auch Naloxon rettet Leben. Dies ohne Risiken und Nebenwirkungen: Es ist leicht über die Nasenschleimhaut zu verabreichen, sicher in der Anwendung und hat keine berauschende Wirkung. Naloxon ist aber verschreibungspflichtig und im entscheidenden Moment meist nicht verfügbar (mehr Informationen)

„In Drogenhilfeprojekten und Konsumräumen muss Naloxon zur Standardausstattung gehören“, fordert Winfried Holz. „Auch Drogenkonsumenten selbst müssen Zugang zu Naloxon erhalten!“

Wirksamer Dreiklang gegen Todesfälle

Um die Zahl der Drogentoten zu senken, ist zudem eine Ausweitung der Substitutionsbehandlungen notwendig: „Mit dem Dreiklang von Konsumräumen, Substitution und Naloxon können wir die Zahl der Drogentoten erheblich senken“, so Winfried Holz.

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