Bayerische Regierung erteilt Drogenkonsumraum in München eine Absage

Die Bayerische Staatsregierung hat Pläne der Stadt München, eine Drogenambulanz mit angeschlossenem Drogenkonsumraum einzurichten, vorerst gestoppt.

Oberbürgermeister Dieter Reiter zeigte sich laut dem Stadtportal muenchen.de „sehr enttäuscht“. Der Freistaat sperre sich gegen eine Rechtsverordnung, welche die Bereitstellung von Drogenkonsumräumen erlauben würde.

Die Münchener Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek bezeichnete die Absage als „schweren Rückschlag“ für den Ausbau der Suchthilfe durch eine niedrigschwellige Drogenambulanz.

Condrobs e.V., ein Träger sozialer Hilfsangebote für Drogengebraucher*innen, wertete die Entscheidung als „Schlag gegen die gemeinsame EU-Drogenstrategie“.

Modellprojekt sollte niedrigeschwellige medizinische und psychosoziale Hilfen bieten

In der geplanten Einrichtung sollte ein medizinischer Dienst Begleiterkrankungen erkennen und eine Behandlung einleiten. Darüber hinaus war vorgesehen, dass psychosoziale Kräfte die Lebensbedingungen der Konsument*innen stabilisieren und weiterführende Hilfen anbieten. Teil des Konzepts war zudem eine wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts.

Ein Drogenkonsumraum in München wird seit Jahren gefordert, um etwas gegen Drogentodesfälle in der bayerischen Landeshauptstadt zu tun.

Im September 2018 waren sich alle Fraktionen im damaligen Stadtrat einig, dass ein „Druckraum“ eingerichtet werden solle – nachdem die CSU nach jahrelanger Blockade eine Kehrtwende hingelegt hatte.

Bayern verweigert Rechtsverordnung für Drogenkonsumräume

Das Problem: In Bayern gibt es – anders als in Hamburg, Bremen, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und dem Saarland – keine Rechtsverordnung, die den Betrieb solcher Druckräume zulässt. Auch in Nürnberg zum Beispiel würde man gerne einen Drogenkonsumraum einrichten. 

Für Dirk Schäffer, DAH-Referent für Drogen und Strafvollzug, ist die Absage der Bayerischen Staatsregierung weder fachlich noch ethisch nachvollziehbar. „Damit beraubt sich das Land Bayern einer evidenzbasierten Maßnahme zur Vermeidung von Drogentodesfällen“, so Schäffer.

Daten für das Jahr 2019 zeigten, dass es allein in den vier Drogenkonsumräumen in Frankfurt zu 386 und in Nordrhein-Westfalen zu 301 lebensbedrohlichen Notfällen gekommen sei. Durch das schnelle Eingreifen von medizinisch geschultem Personal hätten Drogentodesfälle verhindert werden können.

„Diese Notfälle wären im öffentlichen oder privaten Bereich ohne sofortige Hilfe wahrscheinlich tödlich verlaufen. Allein dieser Umstand müsste dazu führen, auch in Bayern eine Rechtsverordnung zu schaffen“, betont der DAH-Drogenreferent.

Angesichts von 1581 Drogentodesfällen im Jahr 2020 sei die Ablehnung der Bayerischen Staatsregierung nicht nachvollziehbar.

Ablehnung der bayerischen Regierung ist weder fachlich noch ethisch nachvollziehbar

Dirk Schäffer erinnerte daran, dass die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Daniela Ludwig (CSU) sich in ihrem Jahresbericht 2020 „ohne Wenn und Aber“ hinter das Konzept der Drogenkonsumräume gestellt habe. Er forderte Ludwig auf, nun mehr denn je ihre Kontakte und ihr politisches Gewicht dafür einzusetzen, um die Parteifreund*innen in Bayern zum Umdenken zu bewegen.

„Dies wäre kein Signal des Versagens, sondern ein Hinweis darauf, dass sich die Politik auch in diesem hochemotionalen Bereich der Drogenpolitik korrigiert“, so Schäffer.

(ascho/hs)