„Ein Mensch, der anderen viel Mut und Hoffnung gegeben hat“

Gaby Lenz – damals hieß sie noch Wirz – hatte 1985 als 23-jährige Frau mit Kinderwunsch ihr positives HIV-Test-Ergebnis bekommen. In der Zeit breitete sich die Aids-Hysterie immer weiter aus, es gab keine Aussicht auf Behandlung und keinen Rückhalt einer Community, auf den viele schwule Männer bauen konnten. Für Frauen bedeutete die Diagnose in aller Regel: schweigen und sich verstecken.

Ihre Familie stand zu ihr, doch von anderen erfuhr sie schroffe Zurückweisung bis hin zur Demütigung. Sie verdrängte die Infektion, versorgte sich und ihren Mann und führte ein nach ihren Worten „wahnsinnig anstrengendes Doppelleben“. Nach ihrer Scheidung 1996 outete sie sich und fand den Weg zur Aids- und Selbsthilfe.

Gaby stieß zum Netzwerk Frauen & Aids und erfuhr, wie bestärkend es ist, wenn es Menschen in der gleichen Situation und ein solidarisches Umfeld gibt. Sie wollte, dass sich die Situation von Frauen mit HIV verbessert und ihre Interessen berücksichtigt werden – in der Aidshilfe ebenso wie in der Forschung und der gesamten Gesellschaft.

Schon bald leitete sie regionale und bundesweite Netzwerktreffen; sie übernahm Verantwortung im Vorstand der AIDS-Hilfe Saar, der DAH und der AIDS-Hilfe Stuttgart; sie saß zehn Jahre im Delegiertenrat, drei Jahre in der Kommission Projekte und Finanzen und begründete die Gemeinnützige Stiftung Sexualität und Gesundheit mit. Für die DHIVA, das einzige deutschsprachige Magazin zum Thema Frauen und Aids, arbeitete sie schon seit deren Zeit als schwarzweiße Kopiervorlage.

Nicht zuletzt war Gaby Verfechterin einer moderneren Drogenpolitik und stand an der Seite von drogengebrauchenden Menschen. 2010 wurde sie in den Nationalen AIDS-Beirat der Bundesregierung berufen und 2011 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Im letzten Jahr wurde sie Ehrenmitglied der Deutschen Aidshilfe.

Die frühe Infektion hatte ihre Spuren hinterlassen, und Gabys Gesundheit war immer wieder schwer beeinträchtigt. Umso mehr war sie ein vitales Beispiel dafür, was im Leben mit HIV möglich ist: Sie hat aus der Rente herausgefunden, ein Studium abgeschlossen und Aidshilfe schließlich auch zum Beruf gemacht, viele Jahre als Geschäftsführerin der AIDS-Hilfe Baden-Württemberg und dann als Mitarbeiterin der Aidshilfe NRW. Sie war Rollenmodell im Kalender „HIV & Arbeit“ für 2011 und zeigte in der Broschüre „Sex positiv“, dass der Wunsch nach Lust und Intimität auch mit HIV erfüllt werden kann.

„Gaby hat mir ihrer Energie und ihrem Lebenswillen so vielen anderen Menschen mit HIV Mut und Hoffnung gegeben“ sagt Sylvia Urban vom Bundesvorstand. „Und sie hat mit ihrer Beharrlichkeit dazu beigetragen, dass Aidshilfe heute auch ein Platz für Frauen und streitbar, vielfältig und stark ist. Sie wird uns sehr fehlen, aber wir werden in ihrem Sinne weiterarbeiten.“

Bis zuletzt lag Gaby Lenz die Verbandsarbeit am Herzen. Noch vor kurzem hatte sie an der DAH-Mitgliederversammlung teilgenommen. Am 2. Dezember ist sie im Alter von 58 Jahren gestorben.

In unserem Magazin haben wir ein digitales Kondolenzbuch für Gaby angelegt und laden alle, die ihr nahestanden ein, sich darin einzutragen.