Europäische Arzneimittelagentur (EMA) empfiehlt Covid-19-Medikament Paxlovid

Ein Einsatz von Paxlovid könnte noch vor der Zulassung möglich werden. Bestandteil ist auch der HIV-Wirkstoff Ritonavir als „Booster“.

Die Omikron-Variante des Coronavirus breitet sich in vielen Ländern exponentiell aus, es droht eine weitere Zerreißprobe für die überlasteten Gesundheitssysteme. Dringend benötigt wird ein Medikament, das schwere Verläufe verhindert.

Einige Hoffnungen ruhen auf dem Medikament Paxlovid, für das die Europäische Arzneimittelagentur EMA am 16. Dezember 2021 eine Empfehlung ausgesprochen hat. Paxlovid besteht aus dem Proteasehemmer Nirmatrelvir und dem aus der HIV-Therapie bekannten Booster Ritonavir. Die Empfehlung soll den Einsatz des Medikaments noch vor der offiziellen Zulassung erleichtern.

Paxlovid ist für erwachsene Covid-19-Patient*innen bestimmt, bei denen man ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf annimmt. Die Therapie sollte spätestens fünf Tage nach Einsetzen von Symptomen beginnen. Paxlovid gibt es als Tabletten – damit ist eine Therapie zu Hause möglich und die Krankenhäuser werden entlastet.

Paxlovid wirkt: Kaum Krankenhauseinweisungen und bisher keine Todesfälle

Die EMA bezieht sich in ihrer Empfehlung auf Zwischenergebnisse einer Studie, bei der nur ein Prozent von rund 600 mit Paxlovid behandelten Patienten*innen im Laufe des ersten Monats nach Therapiestart ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. In einer gleich großen Placebo-Gruppe waren es hingegen 6,7 Prozent, und während in der Paxlovid-Gruppe niemand verstarb, kam es in der Placebo-Gruppe zu 10 Todesfällen.

Beide Wirkstoffe (300 mg des Proteasehemmers Nirmatrelvir plus 100 mg des Boosters Ritonavir) müssen fünf Tage lang je zweimal am Tag eingenommen werden. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Störungen des Geschmackssinns, Durchfall und Erbrechen.

Ritonavir: Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten beachten

Die EMA weist darauf hin, dass Paxlovid nicht zusammen mit bestimmten anderen Medikamenten angewendet werden darf, da es sonst zu gefährlichen Wechselwirkungen kommen kann. Auch soll das Medikament nicht bei Schwangeren oder Personen eingesetzt werden, die schwanger werden könnten und nicht verhüten, sowie bei Stillenden.

Ritonavir, selbst ein Proteasehemmer, hat in der niedrigen 100-mg-Dosierung keine Wirkung auf das Virus, blockiert aber in der Leber den Abbauweg des anderen Proteaseinhibitors Nirmatrelvir. Dadurch kann dieser länger in einer Menge im Blut bleiben, die für die Bekämpfung von SARS-CoV-2 benötigt wird.

Allerdings blockiert Ritonavir auch den Abbau zahlreicher anderer Medikamente, die dann ebenfalls viel länger und stärker wirken können.

Wechselwirkungen auf hiv-druginteractions.org checken

Die EMA wird daher noch vor Zulassung eine Liste mit Arzneimitteln veröffentlichen, die nicht mit Paxlovid eingenommen werden dürfen.

Bis dahin können sich Ärzt*innen anhand der Fachinformation von Medikamenten orientieren, die mit Ritonavir geboostert werden. Zur Prüfung, ob sich eine Medikation mit Ritonavir „verträgt“, ist die HIV-Wechselwirkungs-Webseite der Universität Liverpool bestens geeignet (https://www.hiv-druginteractions.org/checker). Hier kann man bei „HIV-Medikament“ Ritonavir und dann die Begleitmedikation eingeben und auf Wechselwirkungen prüfen.

Informationen zu Wechselwirkungen mit Ritonavir bietet darüber hinaus auch die Gelbe Liste.

Bei Menschen mit HIV, die mit Paxlovid behandelt werden sollen, empfiehlt sich darüber hinaus eine Abstimmung mit der behandelnden HIV-Schwerpunktpraxis.