Persönlichkeiten aus aller Welt fordern ein Ende des „Kriegs gegen Drogen“

Kurz vor Beginn der Sondersitzung der Vereinten Nationen zu den weltweiten Drogenproblemen wenden sich über tausend Fachleute, Politiker_innen und Prominente mit einem Offenen Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon.

Sie fordern ihn auf, den Weg für eine konsequente Reform des weltweiten Umgangs mit Drogen und Drogenkonsument_innen zu bereiten. „Die Menschheit kann sich im 21. Jahrhundert keine Drogenpolitik leisten, die so ineffektiv und kontraproduktiv ist wie die des letzten Jahrhunderts“, heißt es in dem Schreiben, das von der Organisation Drug Policy Alliance initiiert wurde.

Unterzeichner_innen des Briefs sind neben ehemaligen Staatspräsident_innen von Mexiko, Kolumbien, Brasilien, Chile, Nigeria, Kap Verde, der Schweiz, Portugal und Polen auch Vertreter_innen aus Wirtschaft, Kultur, Justiz und Wissenschaft. Dazu gehören die Musiker Sting und Peter Gabriel, die Schauspieler Michael Douglas und Gael Garcia Bernal sowie die Unternehmer Warren Buffett und Sir Richard Branson.

„Das im letzten Jahrhundert entstandene Drogenkontroll-Regime hat sich als desaströs für die globale Gesundheit, Sicherheit und die Menschenrechte erwiesen“, so die Verfasser_innen des Briefs weiter. Mit seinem Fokus auf Kriminalisierung und Bestrafung habe es einen gewaltigen illegalen Markt geschaffen, kriminelle Organisationen bereichert, korrupte Regierungen hervorgebracht, enorme Gewalt entfacht, die Wirtschaftsmärkte verzerrt und grundlegende moralische Werte ausgehöhlt. Folgen dieser Prohibitionspolitik seien zudem eine rasche Ausbreitung problematischen Drogenkonsums sowie von HIV/Aids und Hepatitis.

Zu den deutschen Unterstützer_innen des Briefs gehören der Ökonomieprofessor Justus Haucap, der Richter Andreas Müller, Polizeipräsident a.D. Hubert Wimber, der Strafrechtsprofessor Lorenz Böllinger sowie unter anderem die Bundestagsabgeordneten Claudia Roth, Harald Terpe und Frank Tempel.

Vom 19. bis 21. April 2016 wird sich die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York in einer Sondersitzung (UNGASS) zu den weltweiten Drogenproblemen beraten – das erste Treffen dieser Art seit 1998. Damals lautete der Slogan: „Eine drogenfreie Welt – wir können es schaffen!“ Dieser habe sich laut der Meinung vieler Expert_innen jedoch als illusorisch erwiesen.

Für die UNGASS 2016 rief Ban Ki-moon dazu auf, „eine umfassende und offene Debatte zu führen, die alle Optionen einschließt“. Laut der Drug Policy Alliance sei ihr Brief auch eine Reaktion auf Widerstände innerhalb der Vereinten Nationen gegen eine solche offene Diskussion.

Iniitiert wurde die nun bevorstehende UN-Sondersitzung von mehreren Staaten Lateinamerikas, die besonders unter den Folgen des jahrzehntelangen „Kriegs gegen die Drogen“ zu leiden haben. Leiterin der deutschen Delegation ist die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler.

(ascho/Christina Laußmann)

Quelle/weitere Informationen:

Offener Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon vom 14.4.2016 (Englisch)

Pressemitteilung der Drug Policy Alliance (Englisch)

Deutsche Übersetzung der Pressemitteilung auf der Website des Deutschen Hanfverbands

„Von der UNGASS erwarte ich vor allem Ehrlichkeit“ – Interview mit der ehemaligen Schweizer Bundespräsidentin Ruth Dreifuss, die die Schweiz schon bei der UNGASS 1998 vertrat