Neues vom Vorstand
Themen der Sitzung am ersten April waren unter anderem der Frühjahrsempfang, Rassismus im Verband und die Positiven Begegnungen.
Mut bewegt.
Unter diesem Motto durften wir am 7. April im Heimathafen Neukölln rund 250 Gäste zu unserem Frühjahrsempfang begrüßen. Den ersten großen Applaus des Abends gab es für das Projekt DaWO des Vereins LÜSA in Unna. „Deutschlands erstes Altenheim für Junkies“, in dem suchtkranke ältere Menschen in Ruhe und Würde leben und sterben können, wurde für seine besonderen Verdienste um die strukturelle Prävention mit dem Hans-Peter-Hauschild-Preis ausgezeichnet.
Der Stargast des Abends war Rita Süssmuth, die durch ihr weitsichtiges und couragiertes Handeln nicht nur die Aidspolitik in Deutschland gestaltet hat, sondern auch das Leben von Menschen mit HIV und Aids bis heute prägt. Das zeigte sich besonders in den Statements von „Rita Süssmuths Enkeln“, neun jungen Menschen, die beschrieben, was sie dem neuen DAH-Ehrenmitglied verdanken: zum Beispiel den Mut, selbstbewusst als HIV-Positive, Drogengebraucher_innen oder Transgender Gesicht zu zeigen.
Es hat wohl alle Gäste sehr berührt, wie sich Rita Süssmuth umgekehrt bei den Aidshilfen bedankte, die ihr zu Beginn ihrer Amtszeit als Gesundheitsministerin mit ihrem Mehr an Erfahrungswissen „wahnsinnig geholfen“ hätten; dort habe sie von den Betroffenen selbst erfahren, „was gerade angesagt war“. Ihre Rede war keine leichte Kost: Sie sieht eine Gesellschaft im Rückwärtsgang, die wieder versuche, Sexualität zu dämonisieren, und Menschen, die anders leben oder eine andere Ethnie haben, ausgrenze. In dieser „hundsgefährlichen Zeit“ warnte sie vor einer Rückkehr in die 80er Jahre und einem Denken, das bestimmen wolle, wer dazu gehöre und wer nicht.
Der Abend ist im Magazin und auf youtube ausführlich dokumentiert.
Rassismus im Verband
Mit unserem nächsten Thema knüpfen wir unmittelbar an Rita Süssmuth an. Unser Verband steht für Vielfalt und setzt sich vehement gegen Diskriminierung ein, und doch müssen wir immer wieder fremdenfeindliche und rassistische Tendenzen in unseren eigenen Reihen beobachten. Konkret geht es z.B. um Kommentare ehrenamtlicher Mitarbeiter_innen und Mitglieder gegen Geflüchtete auf Facebook, in DAH-Seminaren oder am Info-Stand von Aidshilfen.
In unserem Verband hat Rassismus keinen Platz. Unser Leitbild bezieht explizit Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen ein, und daran lassen wir uns messen. Bei uns kann nur mitarbeiten oder Mitglied sein, wer hinter diesem Leitbild steht.
Das Thema beschäftigt uns an vielen Stellen im Verband; wir werden gemeinsam nach Wegen suchen, wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bei uns begegnt werden kann. Ein Beispiel dafür können entsprechende Module in der Basisqualifizierung sein. An dieser Stelle möchten wir aber auch auf das Angebot der Inhouse-Seminare „Prävention und Beratung im Arbeitsfeld Migartion“ sowie die Diversity-Schulung zu interkultureller Kommunikation hinweisen, die im September stattfinden wird.
Positive Begegnungen am 25. bis 28. August in Hamburg
Das Interesse an der größten Selbsthilfe-Konferenz zum Leben mit HIV ist ungebrochen groß: Bereits jetzt haben sich schon 340 Menschen angemeldet, sodass weitere Anmeldungen aktuell auf eine Warteliste gesetzt werden müssen. Wir versuchen, eine Finanzierung für weitere Plätze zu bekommen.
Auch auf diesen Positiven Begegnungen soll es wieder eine Demo geben, dieses Mal am Samstagabend. Unter dem Motto „Stigma – zurück an Absender“ – soll sie vor der AIDS-Hilfe Hamburg in der Langen Reihe starten und über die Mönckebergstraße zum Rathausplatz führen.
Es freut uns besonders, dass wir für die Schirmherrschaft eine echte Hamburger Größe gewinnen konnten, nämlich den FC St. Pauli, der sich seit langem gegen Rassismus und Ausgrenzung engagiert.
Kommission Projekte und Finanzen
Die Kommission stellt die Beteiligung des Verbandes bei der Haushaltsaufstellung und – durchführung sicher und berät uns ihm Rahmen dieser Prozesse. Themen auf der Sitzung am 16. April waren u.a. ein Rückblick auf den Haushalt 2015, aktuelle Entwicklungen im laufenden Haushalt sowie die Ideenbörse, die im März in Form einer öffentlichen Gruppe im DAH-Intranet an den Start gegangen ist und die Möglichkeit bietet, sich ganzjährig an der Gestaltung des Projekthaushalts zu beteiligen. Sie eröffnet die Chance, kontinuierlich und gegenseitig voneinander zu lernen und Informationen direkter auszutauschen.
Für die Kommission ist das letzte Amtsjahr angebrochen; ihre Mitglieder werden auf der Mitgliederversammlung am 29./30. Oktober in Berlin neu gewählt. Gemäß der Selbstverpflichtung zur verbindlichen Beteiligung von Menschen mit HIV soll mindestens die Hälfte ihrer Mitglieder HIV-positiv sein.
Strategie zur Eindämmung sexuell übertragbarer Infektionen
Am 6. April hat das Kabinett den Entwurf einer Strategie zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C und anderer sexuell übertragbarer Infektionen („BIS 2030“) beschlossen, die den bisherigen Aktionsplan zu HIV/Aids ablösen soll. Ende Februar hatte das Bundesgesundheitsministerium zu einem Fachgespräch der Verbände eingeladen, auf dem neben der DAH und einigen Mitgliedsorganisationen u.a. die Leberhilfe, BAG Selbsthilfe, der Öffentliche Gesundheitsdienst, die Ärzteschaft und Krankenkassen vertreten waren. Die DAH hat ihre Forderung eingebracht, der Partizipation der Selbsthilfe einen hohen Stellenwert einzuräumen. Das Papier geht jetzt in Bundesrat und Bundestag; anschließend wird es vor allem darauf ankommen, wie alle Akteure die konkrete Umsetzung organisieren. Es wird uns also weiter im Verband beschäftigen.
Sondersitzung der Vereinten Nationen zum weltweiten Drogenproblem (UNGASS)
Im Vorfeld der UNGASS hat die DAH einen Offenen Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon mitunterzeichnet, mit dem über tausend Fachleute, Politiker_innen und Prominente ihn auffordern, den Weg für eine konsequente Reform des weltweiten Umgangs mit Drogen und Drogenkonsument_innen zu bereiten. Inzwischen hat die UNGASS ein Abschlussdokument unterzeichnet, das an der Verbotspolitik und Kriminalisierung von Drogen festhält, immerhin aber Drogenabhängigkeit als chronische Erkrankung anerkennt. Wie sich Repression auf das Leben von Drogen Gebrauchenden auswirkt, zeigt auch das Porträt des Stuttgarter JES-Aktivisten Roland Baur im Magazin.
Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer nach § 175 StGB
Auf Initiative der Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren (BISS e.V.) ist ein Facharbeitskreis entstanden, der in einem Drei-Punkte Papier die Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer nach § 175 StGB fordert. Neben der Aufhebung der Urteile nach 1945 und einer individuellen Entschädigung geht es darin um die historische und gesellschaftliche Aufarbeitung des Unrechts sowie um breit angelegte Maßnahmen gegen Homophobie und für Respekt und Akzeptanz. Die DAH wird mit BISS e.V. und dem LSVD zu den Erstunterzeichner_innen gehören.
Nationaler AIDS-Beirat (NAB)
Der NAB hat in seiner letzten Sitzung am 5. April ein Votum gegen die Praxis verabschiedet, Menschen mit HIV und Menschen mit Hepatitis B oder C im bundesweiten Informationssystem der Polizei mit dem Kürzel „ANST“ für ansteckend zu kennzeichnen. Das Votum wird voraussichtlich Anfang Mai unter http://www.bmg.bund.de/themen/praevention/nationaler-aids-beirat.html veröffentlicht.
Gesundheit und Haft | Sterben in Haft
Der Verbandsrat des Paritätischen, in den Sylvia Urban Mitte April gewählt wurde, hat ein Positionspapier verabschiedet, mit dem Bund und Länder aufgefordert werden, die gesundheitliche Versorgung von inhaftierten und sicherungsverwahrten Menschen zu verbessern. Der Bund soll zudem einen Gesetzesentwurf vorlegen, mit dem deren Zugang zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung verankert wird.
Die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland hat nun auch einen Passus zum würdigen Sterben in Haft in ihre Leitsätze aufgenommen.
AIDS Action Europe
Beim Treffen des Steering Committees am 11. und 12. April in Belgrad gab es viele positive Rückmeldungen zur Entwicklung des Netzwerks unter Ägide der DAH. Wir werden Silke Klumb ab 2017 für weitere drei Jahre in das Gremium delegieren.
Ehrenamtspreis „merk|würdig“ an Jacob Hösl und Matthias Häde
Ulf Hentschke-Kristal und Manuel Izdebski haben am Jahresempfang der Aids-Hilfe NRW teilgenommen und konnten den beiden neuen „merk|würdig“-Preisträgern gratulieren. Matthias Häde engagiert sich seit über 20 Jahren für die Selbsthilfe der Junkies, Ehemaligen und Substituierten in NRW; der Jurist Jacob Hösl mischt schon seit 30 Jahren in verschiedenen Bereichen der Aidshilfe mit und hat, wie es in der Laudatio für ihn hieß, „viel dazu beigetragen, dass sich Menschen trauen, ihre Rechte wahrzunehmen, sie einzufordern und damit auch persönliche und gesellschaftliche Realitäten zu verändern“.