Fundamentale Rechte von Gefangenen achten und ihre Gesundheit schützen!

Gefangene müssen den gleichen freien Zugang zu medizinischer Versorgung, gesundheitlicher Aufklärung und gängigen Mitteln der Krankheitsverhütung haben wie Nichtinhaftierte.

Das ist der Kern der „Genfer Erklärung zur Gesundheitsversorgung in Haft“, die jetzt online veröffentlicht wurde. Die Deutsche AIDS-Hilfe, Dachverband von rund 120 Aidshilfe-Organisationen und seit vielen Jahren auch im Justizvollzug engagiert, unterstützt die Erklärung und lädt dazu ein, sie per E-Mail an Geneva.Declaration@hcuge.ch zu unterzeichnen. Erbeten werden Angaben zu Name, Vorname, Beruf/Organisation, Stadt und Land - die Namen der Unterzeichner werden regelmäßig zur Unterstützerliste hinzugefügt.

„Anders als draußen ist der Zugang zu Prävention und Behandlung hinter Gittern nicht oder nur sehr eingeschränkt gegeben“, erläutert Bärbel Knorr vom Arbeitsbereich Strafvollzug der Deutschen AIDS-Hilfe. „Sterile Spritzen zum Beispiel gibt es nur in einem einzigen der 185 deutschen Gefängnisse, obwohl solche Programme international erfolgreich HIV- und Hepatitis-Infektionen vermeiden helfen.“ Auch Kondome seien entweder gar nicht oder nicht anonym zugänglich, so Knorr: „Nur in Nordrhein-Westfalen müssen die Vollzugsanstalten den anonymen Zugang zu Kondomen und Gleitmitteln gewährleisten und begleitende Informationen anbieten.“

Als weiteres Beispiel nennt Bärbel Knorr die Substitutionsbehandlung, also die kontrollierte Vergabe von Drogenersatzstoffen. „In vielen Gefängnissen verbirgt sich hinter Substitution lediglich ein medikamentengestützter Entzug oder ein Angebot zur Vorbereitung der Haftentlassung und nicht die draußen übliche längerfristige Behandlung mit den Zielen Überlebenssicherung, Reduktion des Gebrauchs anderer Suchtmittel, gesundheitliche Stabilisierung und Behandlung von Begleiterkrankungen, Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und am Arbeitsleben sowie Opiatfreiheit. Die auch für Anstaltsärzte bindende Richtlinie der Bundesärztekammer zur Substitutionstherapie Opiatabhängiger sagt aber: Bei einem Wechsel in eine … Inhaftierung ist die Kontinuität der Behandlung durch die übernehmende Institution sicherzustellen.“

Erarbeitet wurde die Erklärung auf der 6. Europäischen Konferenz zur Gesundheitsförderung in Haft, die vom 1.–3. Februar 2012 in Genf stattfand. Zu ihren Veranstaltern und Kooperationspartnern zählten unter anderem die Deutsche AIDS-Hilfe, der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik (akzept e.V.), das Wissenschaftliche Institut der Ärzte Deutschlands gem. e.V. (WIAD), die Konferenz der Schweizerischen Gefängnisärzte und das Schweizerische Bundesamt für Gesundheit.

(hs)

 

Quelle/weitere Informationen

Genfer Erklärung zur Gesundheitsversorgung in Haft mit Unterschrifts-Möglichkeit per E-Mail: http://ump.hug-ge.ch/

Internetseite drogenundmenschenrechte.de mit Informationen zur Gesundheitsversorgung in Haft