Hepatitis C: Gefahren in der Gesundheitspolitik zu wenig bewusst

Hepatitis C ist eine schwere Virusinfektion der Leber. Symptome treten nur in 10–20 % der Fälle auf, oft wird sie erst spät entdeckt und behandelt. 5–7 % der Infizierten sterben an den Folgen.

Etwa drei Prozent der Weltbevölkerung haben Kontakt mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) gehabt, schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Übertragen wird der Erreger vor allem durch die gemeinsame Benutzung von Spritzen und Nadeln beim Drogenkonsum, seltener auch beim Sex.

60 bis 80 Prozent der Infektionen werden chronisch. Man kann daher von 120 bis 160 Millionen chronisch Infizierten ausgehen. Allein in den USA könnten das bis zu fünf Millionen Menschen sein, in Europa fünf bis zehn Millionen, in Indien zwölf. Viele Infizierte wissen dabei nicht, dass sie sich angesteckt haben (und ansteckend sind), denn die Infektion verläuft meistens ohne ausgeprägte Beschwerden.

„In aller Stille“ allerdings kann eine chronische Hepatitis C über die Jahre zu einer Leberzirrhose (Leberschrumpfung) oder zu Leberkrebs führen. Bei HIV-Positiven und anderen Immungeschwächten verläuft sie rascher, und es kommt häufiger zu einem Leberversagen. Hinzu kommt, dass HCV bei Menschen mit HIV offenbar schon gleich nach der Ansteckung das zentrale Nervensystem schädigen und die Verarbeitungsgeschwindigkeit und Gedächtnisleistung verringern kann. Dies hat jetzt eine kleine Studie aus London gezeigt, die Ende Dezember 2010 veröffentlicht wurde.

Die Erfolgsaussichten der Hepatitis-C-Therapie liegen derzeit je nach Virustyp zwischen 50 und 90 Prozent, die Nebenwirkungen sind oft heftig. Doch während Pharmafirmen mit Hochdruck an neuen Medikamenten arbeiten, schenkt die Gesundheitspolitik der Epidemie bisher nur wenig Aufmerksamkeit. In Deutschland zum Beispiel gibt es, anders als für HIV/Aids und anders als in einigen unserer Nachbarländer, immer noch keine nationale Hepatitisstrategie (aidshilfe.de berichtete).

In den USA dagegen will jetzt auch die Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde (FDA) beim Thema Hepatitis C Gas geben: Über die Zulassungsanträge für neue Hepatitis-C-Medikamente, die für 2011 erwartet werden, sollen auch neu berufene Hepatitis-Experten entscheiden, die sich mit den Auswirkungen der Krankheit auf die öffentliche Gesundheit auskennen, wie Nicole Cutler in einem Beitrag auf Hepatitis Central berichtet. Dies sei ein wichtiger Schritt vorwärts, so Cutler, denn bisher werde nur jeder fünfte chronisch HCV-Infizierte in den USA behandelt, und man brauche unbedingt bessere (wirksamere und nebenwirkungsärmere) Medikamente.

„Es bleibt zu hoffen, dass die neuen Medikamente halten, was sich viele Menschen von ihnen versprechen“, sagt Bärbel Knorr von der Deutschen AIDS-Hilfe. „Genauso wichtig ist aber, dass die Politik endlich aufwacht und sich dem ‚stillen Killer‘ in den Weg stellt. Wichtig ist hier politische Führung – und Geld für eine bessere Aufklärung, mehr Testmöglichkeiten und mehr Behandlung.“

(hs)

Quellen/weitere Informationen

Zahlen und Fakten der WHO zu Hepatitis C (in englischer Sprache):

http://www.who.int/csr/disease/hepatitis/whocdscsrlyo2003/en/index4.html

Studie zu den Auswirkungen einer akuten HCV-Infektion bei HIV-Positiven (in englischer Sprache):

http://www.medscape.com/viewarticle/733982

Beitrag von Nicole Cutler auf Hepatitis Central:

http://www.hepatitis-central.com/mt/archives/2010/12/fda_prioritizes.html

DAH-Broschüre „virus-hepatitis“ für Berater/innen und interessierte Laien (PDF-Datei, ca. 790 KB):

http://www.aidshilfe.de/sites/default/files/INFO+%20Virushepatitis%202009.pdf