Gilead plant PrEP-Studie zum Vergleich von Truvada® und Descovy®

Ist das HIV-Kombinationsmedikament Descovy® für die HIV-PrEP einsetzbar und hat es vielleicht sogar weniger Nebenwirkungen als sein Vorgänger Truvada®? Klären soll das eine Studie mit rund 5.000 Teilnehmer_innen aus den USA und Europa.

Während man in Deutschland auf die im Herbst zu erwartende europäische Zulassung von Truvada® für die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) wartet, bereitet der Hersteller Gilead den Weg, um auch das Nachfolgepräparat Descovy® für diesen Bereich verordnungsfähig zu machen.

In einer demnächst startenden umfangreichen Doppelblind-Studie mit Proband_innen in den USA und voraussichtlich sechs westeuropäischen Ländern soll die Wirksamkeit von Descovy® als PrEP-Medikament untersucht werden. Außerdem hofft man, geringere Nebenwirkungen im Vergleich zu Truvada® belegen zu können.

Dazu sollen etwa 5000 HIV-negative Männer und trans* Frauen, die beim Sex mit Männern häufig HIV-Risiken eingehen, über einen Zeitraum von mindestens 48 Wochen einmal täglich je eine Tablette Truvada® und ein Descovy-Placebo oder eine Tablette Descovy® und ein Truvada-Placebo einnehmen – sie wissen also nicht, welches tatsächlich wirksame Präparat sie bekommen. Mindestens die Hälfte der Teilnehmer_innen soll die PrEP insgesamt 96 Wochen durchführen.

Die wichtigste Frage ist, wie viele Teilnehmer_innen sich im Descovy®- und im Truvada®-Studienarm mit HIV-infizieren. Darüber hinaus sollen die Auswirkungen der Medikamente auf die Knochendichte und Nierenfunktion sowie weitere Nebenwirkungen miteinander verglichen werden.

In Deutschland wollen sich vier HIV-Behandlungszentren an der Studie beteiligen: das Infektiologikum in Frankfurt/Main (Dr. Gaby Knecht), das Medizinische Versorgungszentrum Driesener/Finnländische Straße in Berlin (Dr. Ivanka Krznaric), die Praxis Jessen² + Kollegen in Berlin (Dr. Heiko Jessen) sowie das Interdisziplinäre HIV-Zentrum am Klinikum rechts der Isar (IZAR) in München (Dr. Christoph Spinner).

Während in den USA wohl in Kürze mit der Rekrutierung geeigneter Proband_innen begonnen werden kann, steht in Europa noch das Votum der zuständigen Ethikkommission aus. Man hofft jedoch, spätestens Ende Oktober den offiziellen Startschuss geben zu können. Interessierte, die an der klinischen Studie teilnehmen wollen, können sich bereits jetzt bei den beteiligten Zentren melden. Wie viele Plätze letztlich in Deutschland vergeben werden, ist derzeit aber völlig offen. Während man zum Beispiel in Frankfurt von etwa 25 ausgeht, rechnet Dr. Heiko Jessen in Berlin mit mindestens 200.

Erste Zwischenergebnisse sollen in einem Jahr veröffentlicht werden. Der Abschlussbericht wird 2019 erwartet.

Für den Truvada®- und Descovy®-Hersteller ist die Studie von einiger wirtschaftlicher Bedeutung: Der europäische Patentschutz für den Wirkstoff TDF und das Kombipräparat Truvada läuft demnächst aus. Generika-Hersteller können dann preiswerte Nachahmerprodukte auf den Markt bringen. Für Gilead wäre es deshalb vorteilhaft, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Descovy® einen Zusatznutzen sowohl für die HIV-Behandlung als auch den Einsatz als PReP bescheinigte – nur dann wäre ein höherer Verkaufspreis gegenüber Truvada® (bzw. den Nachahmerprodukten) zu rechtfertigen.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat in seiner am Montag veröffentlichten und im Auftrag des G-BA durchgeführten Bewertung der von Gilead eingereichten Studien allerdings keinen Beleg für einen Zusatznutzen von Descovy® in der HIV-Therapie feststellen können. Entscheidend wird nun die Bewertung des G-BA, die für November erwartet wird.

(ascho)

 

Quelle/weitere Informationen

https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02842086?view=results