HIV-Medikamente für Nichtinfizierte senken das Ansteckungsrisiko

Laut zwei großen Studien zur Präexpositionsprophylaxe (PREP) – dem vorbeugenden Einsatz antiretroviraler Medikamente bei Nichtinfizierten – können Viread® oder Truvada® das Risiko einer HIV-Übertragung beim Sex zwischen Frauen und Männern um 63–73 % reduzieren.

Beurteilen lässt sich der Erfolg beider Studien allerdings erst anhand der Detailergebnisse. Diese sollen auf der Konferenz der Internationalen Aids-Gesellschaft (IAS) veröffentlicht werden, die vom 17. bis zum 20. Juli in Rom stattfindet. „Vorab eine Presseerklärung, eine Woche später dann die Details – das ist die falsche Reihenfolge“, sagt Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe. „Um beurteilen zu können, ob eine Präventionsmethode nicht nur wirkt, sondern auch umsetzbar ist, braucht man Informationen über die Studiendetails, z. B. darüber, wie der Schutzeffekt errechnet wurde oder ob Resistenzen und Nebenwirkungen aufgetreten sind. Das werden wir uns nächste Woche auf der IAS-Konferenz  erst mal anschauen, und dann wissen wir mehr“.

Auch aus anderen Untersuchungen liegen bereits Ergebnisse vor. Im Dezember 2010 ergab eine PREP-Studie mit Männern, die Sex mit Männern haben, einen Schutzeffekt von 44 %. Bei der mit afrikanischen Frauen durchgeführten Fem-PREP-Studie erwies sich die Methode als unwirksam; die Studie wurde daher im April 2011 abgebrochen. Auch hierzu liegen noch keine Details vor.

Leider untersuchte man in allen Studien das gleiche Schema: die monate- bis jahrelange tägliche Einnahme von Viread® (Tenofovir) oder des Kombinationspräparats Truvada® (Tenofovir plus Emtricitabin). Auch weiß man nicht, inwieweit die PREP im Alltag wirkt. In der Regel wird in diesen Studien die Medikamenteneinnahme monatlich überprüft, wobei man meist auch die nicht eingenommenen Tabletten zählt und protokolliert. Außerdem werden die Teilnehmer einmal im Monat zu Safer Sex und zur Tabletteneinnahme beraten. Eine so intensive Betreuung ist außerhalb der Studien kaum möglich, sodass der Schutzeffekt dort daher niedriger sein könnte. Kaum thematisiert wurden bisher auch die hohen Kosten einer Dauereinnahme: In Deutschlands Apotheken zahlt man für Truvada® monatlich 840 Euro.

Die PREP ist vor allem für Frauen gedacht, die sich auf andere Weise nicht schützen können, wie etwa für Frauen im südlichen Afrika, wo sich der Kondomgebrauch nur schwer durchsetzen lässt. Diese Methode setzt jedoch eine engmaschige medizinische Betreuung voraus, um unerwünschte Wirkungen früh erkennen und im Falle einer HIV-Infektion die PREP gleich stoppen zu können – sonst könnte HIV gegen das Medikament unempfindlich (resistent) werden und seine Wirkung verlieren. Bei Truvada® wäre das tragisch, ist es doch eines der wichtigsten Medikamente in der HIV-Therapie.

Auf der IAS-Konferenz in Rom und auf weiteren Kongressen wird es also nicht nur um die Höhe des Schutzeffekts der PREP gehen, sondern auch um die Frage, wo und wie man sie sinnvoll einsetzen kann und was zu tun ist, um gesundheitliche Schäden durch die PREP zu vermeiden.

 

(ch)

 

Quellen:

Global Advocacy for HIV Prevention

Meldung von nam aidsmap

HIV.Report zur iPREX-Studie (Dezember 2010)