Kündigung wegen HIV in der Probezeit: Revisionsverhandlung am 19.12.

Am 19.12. wird vor dem Bundesarbeitsgericht im Fall Sebastian F. verhandelt. Dem Chemisch-Technischen Assistenten war in der Probezeit wegen seiner HIV-Infektion gekündigt worden.

Sebastian F. (Name geändert) war bei einer pharmazeutischen Firma in der Qualitätsprüfung für Medikamente tätig. Als bei einer betriebsärztlichen Untersuchung in der Probezeit ein HIV-Test verlangt wurde, teilte er von sich aus mit, dass er HIV-positiv sei. Kurz darauf erhielt er die fristlose Kündigung und ein Hausverbot. Der Arbeitgeber sah durch die Infektion die Gesundheit seiner Kunden gefährdet, was die Deutsche AIDS-Hilfe für ausgeschlossen hält.

Gegen die Kündigung reichte Sebastian F. Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beim Arbeitsgericht Berlin ein. Das AGG schützt unter anderem vor Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder einer Behinderung und gilt auch während der Probezeit. Unklar ist jedoch bislang, ob eine chronische Krankheit wie zum Beispiel eine HIV-Infektion in den Schutzbereich der Behinderung fällt.

Weil sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht die Klage abwiesen, will Sebastian F. seine HIV-Infektion nun vom Bundesarbeitsgericht als Behinderung und die Kündigung als Benachteiligung wegen dieser Behinderung gewertet sehen. Er wird dabei unter anderem von der Deutschen AIDS-Hilfe und dem Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. unterstützt.

Kläger, Deutsche AIDS-Hilfe und BUG sind der Meinung, das AGG müsse auch Menschen mit chronischen Krankheiten vor Diskriminierung schützen. Diese Haltung haben auch die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen vertreten.

Die Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention am unabhängigen Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin misst dem Fall ebenfalls grundsätzliche Bedeutung bei und sieht in den Urteilen der Vorinstanzen die UN-Behindertenrechtskonvention „nicht angemessen als Maßstab für die Auslegung der streitentscheidenden Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) in den Blick genommen“.

(hs)

 

Weitere Informationen

EuGH-Urteil: Bundesregierung muss Diskriminierungsschutz für chronisch Kranke sicherstellen (aidshilfe.de, 12.04.2013)

Menschen mit HIV brauchen einen gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung! (aidshilfe.de, 13.01.2012)

Deutsche AIDS-Hilfe kritisiert Entscheidung des Berliner Arbeitsgerichts: Entlassung wegen HIV ist rechtswidrig (aidshilfe.de, 04.08.2011)

Kündigung wegen HIV in der Probezeit: Klage in der ersten Instanz abgewiesen (aidshilfe.de, 03.08.2011)