Menschen mit HIV und ihre Ärztinnen/Ärzte: Kommunikation verbesserungsbedürftig

Ärztinnen/Ärzte und HIV-Patient(inn)en sprechen zu wenig über Begleit-Erkrankungen der HIV-Infektion und andere gesundheitliche Beeinträchtigungen.

Das ist das Fazit der im vergangenen Monat veröffentlichten Studie „ATLIS 2010“ („AIDS Treatment for Life International Survey“, was so viel bedeutet wie „HIV/Aids-Behandlung fürs Leben – internationale Studie“).

Im Auftrag der Ärzteorganisation IAPAC haben Forscherinnen und Forscher über 2035 HIV-Positive in 12 Ländern zu ihren Erfahrungen mit der Infektion und der Behandlung befragt. Das Ergebnis: Die meisten Befragten sind sehr zufrieden mit ihren Ärztinnen und Ärzten. In der Arzt-Patienten-Kommunikation kommen aber häufig Themen zu kurz, die nicht direkt mit der antiretroviralen Therapie zu tun haben.

 

Patient(inn)en brauchen alltagstaugliche, individuell zugeschnittene Hinweise

Beispiele: Bei über 65 % der Studienteilnehmer/innen mit klassischen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. hoher Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte oder Rauchen) wurden diese Faktoren nicht weiter besprochen. Ähnlich sieht es beim Rauchen aus: 28 % der Befragten gaben Probleme mit ihrem Tabakkonsum an, 44 % dieser Patienten haben darüber jedoch noch nie mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin gesprochen.

Patienten, so die Studie weiter, erwarten alltagstaugliche Hinweise. Zum Beispiel bei der Frage, wie die erforderliche regelmäßige Medikamenteneinnahme umsetzbar ist. Und noch ein Ergebnis: Medikamentennebenwirkungen sind nach wie vor ein Thema. Zwar geben fast drei Viertel der Befragten an, dass die Vorteile der antiretroviralen Therapie mögliche Nebenwirkungen überwiegen. Immerhin 40 % sagen aber auch, dass ihnen nicht gefällt, wie sich die Therapie auf ihr Leben auswirkt. 36% gaben an, dass sie an sichtbaren Veränderungen leiden, weitere 30 % glauben, dass Nebenwirkungen für andere sichtbar sind.

„Eine Erweiterung der Arzt-Patienten-Kommunikation um alle Aspekte des Wohlbefindens der Patienten ist entscheidend für ein langes Leben und gute Therapieerfolge“, fasst José Manuel Zuniga von der IAPAC die Ergebnisse zusammen.

 

HIV und Ausgrenzung

Kritisch anzumerken ist, dass die vorgegebenen Fragen und Antworten nur ein relativ kleines Spektrum der Auswirkungen von HIV auf das Leben der Betroffenen abbilden. Dennoch kann die Studie Tendenzen aufzeigen. So leidet z. B. über ein Drittel der Befragten unter Einsamkeit und mangelnder sozialer Unterstützung. Die höchsten Werte fanden sich bei den Teilnehmern aus Nordamerika und Asien, die niedrigsten in Afrika. 42 % der Befragten gaben an, große Bedenken zu haben, anderen ihren HIV-Status mitzuteilen. Hauptgrund ist die Angst vor sozialer Ausgrenzung (71 %), gefolgt von der Sorge um Auswirkungen auf zukünftige und gegenwärtige soziale Beziehungen (46 bzw. 42 %), den Ruf (42 %) und die Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes (36 %).

Tiefere Einblicke zur Situation von Menschen mit HIV wird die internationale Erhebung STIGMA-INDEX bieten, die in einigen Ländern bereits gestartet ist.

(Steffen Taubert/hs)

 

Quelle/weitere Informationen

ATLIS-Studie

IAPAC (International Association of Physicians in AIDS Care/internationale Vereinigung der Ärzte in der HIV/Aids-Versorgung)

Stigma-Index