Suchst du noch oder wohnst du schon?

„Was wünschen sich Abhängige in Hinblick auf ihre spätere pflegerische und medizinische Versorgung?“ Dieser Frage geht ab sofort die AIDS-Hilfe Essen in Kooperation mit der Einrichtung „Suchthilfe direkt“ nach.

Heute hat in Essen eine wissenschaftliche Befragung von 300 Konsumenten illegaler Drogen und Substitutionspatienten begonnen. Bei einer Podiumsdiskussion geht es am Abend um „Herausforderungen, Missstände und Lösungsansätze in der Versorgung älterer abhängiger Menschen“. Mit dabei: Der Schauspieler Charles M. Huber („Der Alte“), der die Schirmherrschaft für die Studie übernommen hat, und Dirk Schäffer, Referent für Drogen und Strafvollzug der Deutschen AIDS-Hilfe.

Die Essener gehen damit ein Thema an, das dringend auf die Tagesordnung gehört: Die Abhängigen erreichen heute sehr viel häufiger ein höheres Lebensalter als früher. „In den 80er Jahren sind Heroinkonsumenten oft schon vor ihrem 30. Geburtstag gestorben. Durch die heute verfügbaren Angebote wie Spritzentausch und Substitution können diese Menschen gesünder älter werden“, sagt Dirk Schäffer.

Bereits jetzt ist ein Drittel der Opiatkonsumenten 40 Jahre und älter. Prognosen gehen davon aus, dass sich die Anzahl der Älteren in den nächsten Jahren verdoppeln wird. „Auf dieses Phänomen müssen wir angemessen reagieren, und zwar mit Angeboten, die auf die einzelnen Menschen zugeschnitten werden können“, sagt Schäffer. „Ein Seniorenheim ist dafür meistens nicht geeignet, auch weil die älteren Drogengebraucher dafür wiederum zu jung sind.“

Einige Drogenhilfeeinrichtungen haben sich der Herausforderung bereits angenommen – mit speziellen Wohnformen für alternde und erkrankte Drogenabhängige. Trotz strenger Regeln bieten sie Abhängigen die Möglichkeit, in Würde zu altern. Drogenkonsum ist in diesen Einrichtungen nicht erlaubt, aber die Bewohner müssen nicht „clean“ sein. Das Personal ist geschult im Umgang mit der besonderen Klientel und kann darum besser auf Bedürfnisse und Wünsche eingehen.

Die ersten Ergebnisse der Essener Studie werden noch in diesem Jahr erwartet. Sie sollen helfen, weitere Hilfsangebote zu entwickeln.

(mc)

Podiumsdiskussion in der Essener Philharmonie am Mittwoch, 30.3. um 19 Uhr, mit Prof. Dr. Norbert Scherbaum (Direktor der Klinik für Suchtmedizin am LVR-Klinikum Essen), Dr. Dieter Geyer (leitet die Fachklinik für Suchterkrankungen in Fredeburg und ein Modellprojekt zum Thema Sucht im Alter), Harald Hayner (Experte für Pflegeausbildung, Universität Witten-Herdecke), Dr. Gerlinde Hauptmann und Kris van der Vlies (Psychiater und und Manager der modellhaften Wohneinrichtung „Boumann GGZ“ für schwerstabhängige Alte in Rotterdam), Dirk Schäffer (Drogenreferent der Deutschen AIDS-Hilfe), Charles M. Huber (Schauspieler)

Aids-Hilfe Essen

Suchthilfe direkt gGmbH