8. Aufklärung zu PrEP und PEP für alle Sexarbeiter*innen und vereinfachter Zugang

Die HIV-PrEP und die HIV-PEP können wichtige Mittel zum Gesundheits- und Arbeitsschutz in der Sexarbeit sein. Zur Entfaltung dieses Potenzial sind allerdings strukturelle Maßnahmen in Bezug auf Aufklärung und Zugang erforderlich:

1. Alle Sexarbeiter*innen sollten wissen, dass es die PrEP gibt. Dies bedeutet keine pauschale Empfehlung der PrEP-Einnahme für Sexarbeiter*innen. Ziel sollte sein, dass sie genug sachliche Informationen erhalten, um diese Schutzmöglichkeit bei Bedarf in Betracht ziehen und eine informierte Entscheidung treffen zu können. Auch über die PEP sollten Sexarbeiter*innen informiert werden. Allein das Wissen um die PEP kann für Sexarbeiter*innen schon eine psychische Entlastung bedeuten und ist Voraussetzung dafür, dass Sexarbeiter*innen diese Notfallmaßnahme nach einem HIV-Risiko in Anspruch nehmen können. Viele Sexarbeiter*innen informieren sich vor allem in Gesundheitsämtern über sexuelle Gesundheit. Deshalb benötigen sie dort Aufklärung über die PrEP und die PEP (sowohl im Angebot nach § 10 ProstSchG als auch im Angebot nach § 19 IfSG). Auch Fachberatungsstellen in den Bereichen Sexarbeit und Drogen wird empfohlen, die PrEP- und PEP-Aufklärung systematisch anzubieten, zum Beispiel in Form von Workshops. Hinweis: Die Deutsche Aidshilfe arbeitet an einer Broschüre zu PrEP und PEP, die die Aufklärung bei diversen Gruppen von Menschen – darunter Sexarbeiter*innen – fördern soll (voraussichtliche Veröffentlichung im Jahr 2024).

2. Die Aufklärung über die PrEP darf nicht dazu führen, dass der Druck auf Sexarbeiter*innen erhöht wird, Sex ohne Kondom anzubieten. Um dies zu verhindern, muss der Assoziation „PrEP = Sex ohne Kondom“ aufklärend begegnet werden. Die PrEP soll nicht als Alternative zu Kondomen, sondern als zusätzliche Schutzmaßnahme angeboten werden. 

3. Der Zugang zur PrEP muss für Sexarbeiter*innen deutlich erleichtert werden:

  • Viele Sexarbeiter*innen mit PrEP-Bedarf sind nicht krankenversichert. Manche beziehen die PrEP-Medikamente über informelle Wege (etwa über das Internet oder den informellen Markt). Diese Art der Versorgung birgt Gefahren: Ohne medizinische Betreuung und HIV-Tests vor Beginn und während der Einnahme laufen sie Gefahr, eine unentdeckte HIV-Infektion zu verschlimmern. Außerdem besteht das Risiko, dass das Medikament nicht kontinuierlich verfügbar ist – doch PrEP-Stopps können zu HIV-Infektionen führen. In einigen Gesundheitsämtern (zum Beispiel in Berlin und Hamburg) wird bereits Menschen ohne Krankenversicherung die PrEP-Versorgung angeboten: Sie erhalten die nötigen Untersuchungen kostenlos sowie ein Privatrezept, mit dem sie in der Apotheke die Medikamente für circa 50 Euro pro Monat kaufen können. Derartige Angebote sollen ausgeweitet werden und in mehr Gesundheitsämtern verfügbar sein. Für Menschen mit geringem Einkommen sollten die Kosten für die Medikamente übernommen werden.
  • Sexarbeiter*innen in der gesetzlichen Krankenversicherung mit PrEP-Bedarf sollten niedrigschwellig Rezepte für die PrEP erhalten. Da ein Großteil der Sexarbeiter*innen keine HIV-Schwerpunktpraxen aufsucht, sind sie darauf angewiesen, dass mehr Hausärzt*innen und Gynäkolog*innen die PrEP auf Kassenrezept verschreiben.