9. Zugang zu Krankenversicherung und zu HIV-Therapie für alle – auch für Sexarbeiter*innen ohne Papiere

Keine Krankenversicherung zu haben, ist eine der größten gesundheitlichen Hürden. Davon sind viele Menschen in der Sexarbeit betroffen, insbesondere Menschen aus Drittstaaten ohne Papiere, aber auch viele Menschen aus der EU. Für die Gesundheitsförderung von Sexarbeiter*innen ist daher erforderlich, dass die Hürden zum Eintritt beziehungsweise zur Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung abgebaut werden, um auch Menschen ohne Papiere und Menschen mit wenig finanziellen Mitteln den Zugang zum Krankenversicherungsschutz zu ermöglichen. Durch die Krankenversicherung für alle würde sich nicht nur der Gesundheitszustand vieler Menschen verbessern. Diese Maßnahme wäre auch kosteneffizient – denn Prävention ist günstiger als Behandlung und Intervention.

Gleichzeitig ist der bundesweite Ausbau von Clearingstellen zur Klärung des Versicherungsschutzes, zur Unterstützung bei der Realisierung von Ansprüchen und zur Vermittlung möglichst vieler Menschen ins gesundheitliche Regelsystem unbedingt zu empfehlen. Zudem muss das Aufenthaltsgesetz insofern angepasst werden, als bei der Übermittlungspflicht die Gesundheitsversorgung ausgenommen wird. Diese Anpassung würde es Menschen ohne Papiere ermöglichen, medizinische Leistungen beim Sozialamt zu beantragen – ohne befürchten zu müssen, aufgrund der Übermittlung ihrer Daten an die Ausländerbehörden abgeschoben zu werden.

Die HIV-Therapie muss für alle Menschen mit HIV, auch für jene ohne Krankenversicherung, gewährleistet sein. HIV-Behandlungen retten nicht nur das Leben von infizierten Personen, sie verhindern auch die Übertragung auf andere Menschen. Diese Forderung ergibt sich daher sowohl aus dem menschenrechtlichen Anspruch auf Gesundheitsversorgung als auch aus der Notwendigkeit, HIV-Neuinfektionen zu vermeiden. Wie eine HIV-Therapie für Menschen ohne Krankenversicherung organisiert werden kann, zeigt das Angebot „HIV-Therapie für Menschen ohne Krankenversicherung“ der Stadt Hamburg, welches vom Centrum für HIV und sexuell übertragbare Infektionen in Altona (CASAblanca) umgesetzt wird. Dieses beinhaltet für Menschen mit HIV ohne Zugang zur Krankenversicherung, für die keine anderweitige Möglichkeit zur HIV-Therapie besteht, die Kostenübernahme für die antiretrovirale Therapie sowie Begleituntersuchungen und ärztliche Betreuung. Dieses regionale Angebot ist erfolgreich, aber nicht ausreichend. Es braucht dringend eine länderübergreifende, gesetzlich verankerte Implementierung, zum Beispiel durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Rahmen des § 19 IfSG.