Gendergerechte Sprache ist wohl die bekannteste Form von diskriminierungssensibler Sprache. Sichtbarkeit ist ein wichtiger Faktor beim Abbau von Diskriminierung. Dazu trägt z. B. das Verwenden von Zeichen für Gendervielfalt in der Schriftsprache bei: der sog. Gender-Gap/Unterstrich _ oder auch das Gender-Sternchen *. Menschen aller Geschlechter werden so abgebildet und angesprochen.

Beim Sprechen verwenden wir oft ganz selbstverständlich – und manchmal unbewusst – Begriffe mit geschlechtstragender Bedeutung (siehe Abb.).

Oft enthalten sie eine Wertung oder sind sexistisch und/oder transfeindlich. Solche Begriffe sollten, wenn möglich, vermieden werden – das lässt sich prima trainieren, genauso wie etwa der Name einer neuen Bekanntschaft oder eines Babys erlernbar ist.

Das unbestimmte Pronomen „man“ nimmt eine Sonderrolle ein. Zwar ist es etymologisch weniger mit dem Wort „Mann“ verwandt, es wird aber genauso ausgesprochen und deshalb oft damit in Verbindung gebracht. Der Gebrauch von „man“ muss nicht grundsätzlich gemieden werden, häufig ist das Wort aber ohne großen Aufwand ersetzbar:

konkretes Sprechen und konkrete Sprache aktivieren durch ich, du, wir, Sie:

„Wir haben unsere Gefühle nicht immer im Griff.“ statt „Man hat seine Gefühle nicht immer im Griff.“

Passivkonstruktionen verwenden:

„Es wird davon ausgegangen, dass …“ statt „Man geht davon aus, dass…“

Das Neutralisieren von Bezeichnungen

Neutrale Begriffe bieten die Möglichkeit, die Festlegung auf ein bestimmtes Geschlecht zu vermeiden. So können Wörter verwendet werden, die im Singular und Plural neutral sind, wie etwa Person, Mensch, die Ratsuchenden. Ableitungen mit den Endungen -ung, -kraft, -ium vereinfachen die Suche nach neutralen Formulierungen, z. B. Kollegium, Reinigungskraft, Leitung.

Zeichen für Gendervielfalt (Unterstrich_ und Sternchen*)

Es haben sich in den vergangenen Jahren einige Zeichen zum Ausdruck der Gendervielfalt etabliert. Mit dem Unterstrich, dem Sternchen, Doppelpunkt o. Ä. wird ein Raum zwischen die „männliche“ Form und die „weibliche“ Endung eines Wortes gesetzt. Ein Raum, der nicht durch ein Geschlecht bestimmt ist, sondern möglichst alle einschließt. Mit dem Sternchen wird eine unendliche Vielfalt an Möglichkeiten, Geschlecht zu leben und zu haben, ausgedrückt – inklusive der Möglichkeit, dass Geschlecht keine Rolle spielt.

Aufgrund dieser Eigenschaft ist das Sternchen manchmal auch ganz am Ende eines Wortes zu finden. Es soll uns in Erinnerung rufen, dass z. B. Männlichkeit*, Weiblichkeit* oder Trans*-Sein jeweils ein Begriff mit vermutlich unendlich vielen Facetten und Realitäten ist. Es ist für alle Menschen wichtig, sich in der Sprache wiederzufinden und korrekt und angemessen angesprochen zu werden. Daher empfiehlt es sich, in Anreden von Briefen oder E-Mails Gender-Zeichen, z. B. „Sehr geehrte*r Vorname Nachname“, oder, wenn die informelle Anrede möglich ist, „Hallo Vorname“ zu verwenden.

Selbstdefinitionen anerkennen und stärken

Im Beratungskontext ist es elementar, aufmerksam zuzuhören und wahrzunehmen, wie sich die betreffende Person selbst bezeichnet. Diese Selbstbezeichnungen sowie das selbstgewählte Pronomen (in manchen Fällen auch mehr als eins) sind in jedem Fall zu achten und nicht zu hinterfragen.

Ich arbeite mit nicht-binären Menschen zusammen. Ich möchte, dass Sprache so zum Einsatz kommt, dass sie diese Menschen mit einbezieht.

Florian (er/ihm), Aktiv in der Selbsthilfe

Beispiel

Wenn auf der einen Seite von trans* Menschen, inter* Menschen und nicht-binären Menschen die Rede ist und auf der anderen Seite von „Frauen“ und „Männern“, werden Letztere als Norm gesetzt und die anderen Geschlechtsidentitäten somit als Abweichung markiert. Hier besser die Begriffe cis Menschen, cis Männer, cis Frauen nutzen.

Falls die Selbstvorstellung der ratsuchenden Person keine sicheren Rückschlüsse auf bevorzugte Anrede, Namen und Identität erlaubt, ist es im Beratungsgespräch wichtig, respektvoll nachzufragen („Wie darf ich Sie ansprechen?“). Denn auch hier gilt es, keine unausgesprochenen Vorannahmen zu treffen.

Begriffe der Geschlechtervielfalt

Transgeschlechtlichkeit oder trans*: sind weit gefasste Oberbegriffe für Menschen, die sich nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht bzw. der damit verbundenen Geschlechterrolle identifizieren. Der größte Teil der Community benutzt den Begriff „trans“ heute als Adjektiv, wobei sich manche für ein * und andere dagegen aussprechen. Ein Ziel unserer Kommunikation sollte sein, Selbstbestimmung und Wahlfreiheit in den Vordergrund zu rücken. Welche Bezeichnung eine Person für sich verwendet, ist letztlich allein ihre Entscheidung.

Transident: stellt die Geschlechtsidentität in den Vordergrund und legt den Fokus auf die Selbstbestimmung von trans* Personen.

Transsexuell: Von vielen trans* Menschen wird transsexuell nicht mehr als Selbstbezeichnung verwendet, da mit diesem Begriff Transgeschlechtlichkeit lange Zeit zu einer psychischen Störung erklärt wurde. Des Weiteren deutet die Endung –sexuell auf eine sexuelle Orientierung hin, dieser Begriff trifft jedoch eine Aussage über die geschlechtliche Zugehörigkeit und nicht über das sexuelle Begehren.

Cis: wurde von Sexualforscher Volkmar Sigusch geprägt. Cis-geschlechtlich beschreibt die Menschen, die im ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht leben und sich damit identifizieren (von lat. cis = diesseits, als Gegensatz zu lat. trans = jenseits). Der Begriff cis wurde auch entwickelt, um trans* nicht als Abweichung einer binären, stereotypen geschlechtlichen Normierung zu werten.

Nicht-binär/Non-binary, enby: „Nicht-binär, manchmal auch non-binär oder wie im Englischen non-binary ist ein Überbegriff für alle Menschen, die weder männlich noch weiblich sind, die sich also z. B. zwischen diesen beiden Geschlechtern verorten, oder ganz außerhalb davon, oder auch gar kein Geschlecht haben (agender). Manche nicht-binäre Menschen sind auch gleichzeitig männlich und weiblich (bigender) oder haben eine Geschlechtsidentität, die sich immer wieder ändert (genderfluid). Andere stellen sich gegen das binäre Geschlechtersystem und haben ein Geschlecht, das nichts mit Männlichkeit und Weiblichkeit zu tun hat (genderqueer).“1

 

Intersex, Intergeschlechtlichkeit: „Bezeichnet das angeborene Vorhandensein genetischer und/oder anatomischer und/oder hormoneller Geschlechtsmerkmale, die nicht den Geschlechternormen von Mann und Frau entsprechen“.2

Inter*: „Inter* ist ein Begriff, der sich aus der Community entwickelt hat. Ein Mensch mit einem intergeschlechtlichen Körper kann auch eine intergeschlechtliche Geschlechtsidentität haben. Grundsätzlich geht es bei dem Begriff aber um eine emanzipatorische und selbstermächtigte Positionierung als eine Gruppe von Menschen, die angeborene, nicht-konforme und nicht normgerechte Geschlechtsmerkmale haben und daher Pathologisierung erfahren.“3

Tipps für die Beratung:

  • sich selbst mit Namen, gewünschter Anrede und bevorzugten Pronomen vorstellen
  • Identität von Ratsuchenden respektieren und nicht infrage stellen
  • bei Beratung zur sexuellen Gesundheit, Begriffe für Körper und Genitalien mit Ratsuchenden klären
  • sich bei Fehlern entschuldigen und verbessern
  • bei Bedarf Dolmetscher*innen hinzuziehen

Es ist wichtig, dass weiße Menschen anerkennen, dass Rassismus nicht unser Problem ist, sondern ihr Problem und dass es an ihnen ist, sich weiterzubilden.

Dominik (er/ihm), Mitarbeiter der Deutschen Aidshilfe

Aufgrund der Vielfalt an Selbstdefinitionen im Geschlechterspektrum besteht die Gefahr, durch Bezeichnungen wie transident, transgender, intersex oder transsexuell falsche Zuschreibungen zu machen. Die Begriffe werden je nach Person oder Gruppe unterschiedlich ausgelegt und verstanden. Die Oberbegriffe trans* und inter* haben sich etabliert.

Spezifischere Begriffe sollten nur dann verwendet werden, wenn eine Person selbst diese Bezeichnung (z. B. transgender oder enby) gewählt hat.