Der sozioökonomische Hintergrund, vor dem Menschen aufwachsen, prägt in vielerlei Hinsicht ihre Chancen im Leben. Wenn Menschen aufgrund ihrer sozioökonomischen Herkunft benachteiligt werden und ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verwehrt wird, spricht man von Klassismus. Dies zeigt sich auch in unserem Sprachgebrauch, der im Gegensatz zu z. B. Gender, wesentlich weniger oft mitbedacht wird. Es lohnt sich, hier besonders aufmerksam zu sein.

Beispiele für stigmatisierende Sprache

Aus gutem Hause – stellt finanzielle Aspekte stark in den Vordergrund, wobei ein gutes Elternhaus viel mehr ausmacht als nur finanzieller Wohlstand.

Sozial benachteiligt – Die Pauschalisierung von Benachteiligungen unter „sozial“ lassen die eigentlichen Probleme wie unterfinanzierte Bildungssysteme, schlechte Beratungs- und Versorgungseinrichtungen und fehlende politische Unterstützung, die zu schlechteren Entwicklungschancen, Teilhabe- und Zugangschancen führen, hinter einem Tarn-Begriff zurücktreten.

Bildungsferne Schichten – Die pauschale Bewertung einer Schicht als „bildungsfern“ lenkt davon ab, dass der Staat und die Gemeinschaft die Verantwortung gegenüber den Individuen tragen. Zudem gibt sie vor, dass eine bestimmte soziale Schicht „bildungsfern“ oder mit Bildung nicht zu erreichen sei.

Unschuldig in Not geraten – Auch wenn damit ausgesagt werden soll, dass eine Person besonders hilfsbedürftig ist, ist diese Formulierung problematisch, denn niemand gerät „schuldig in Not“. Durch die Verwendung solcher Formulierungen zementieren wir ein Gefälle zwischen den „guten Notleidenden“ und den „schlechten Notleidenden“.

Sprache ist das wichtigste Werkzeug in meiner Arbeit. Diskriminierungssensibel zu sprechen ermöglicht mir, meine Haltung zu zeigen, und ist weder kompliziert noch unverständlich.

Ronja (sie/ihr), Mitarbeiterin der Aidshilfe Halle / Sachsen-Anhalt Süd

Alternativen, um finanzielle Benachteiligung zu benennen

Von Armut betroffen: Mit diesem Ausdruck wird klargestellt, dass „arm“ sein keine Wesenseigenschaft ist und kein selbstgewählter Zustand.

Menschen mit Armutserfahrung: Der Begriff drückt aus, dass Menschen, die Armut erfahren, auch Expert*innen ihrer Situation sind.