HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit bei weiteren Expositionswegen

Die Infomappe richtet sich an Berater*innen in Aidshilfen.

Ratsuchende, die Fragen rund um HIV, Geschlechtskrankheiten und sexuellem Wohlbefinden haben, können sich an unsere Onlineberatung unter www.aidshilfe-beratung.de wenden.  

Hohe HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit

Das HIV-Übertragungsrisiko beim gemeinsamen Benutzen von Spritzbesteck (auch beim Chemsex) ist sehr hoch, weil HIV hier direkt in die Blutbahn gelangt und sich sofort im ganzen Körper verteilen kann.

In feuchten Blutresten im Spritzenkolben können HI-Viren mehrere Tage oder sogar Wochen aktiv bleiben.

Schutzmöglichkeiten

Safer Use: Nadeln und Spritzen sowie sonstige Utensilien (z. B. Löffel, Filter, Tupfer) nicht mit anderen teilen, möglichst immer nur das eigene, sterile Spritzbesteck und Zubehör verwenden.

Hohe HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit

Auch bei Verletzungen an kontaminierten Instrumenten und Spritzbestecken kann HIV unter Umständen direkt in die Blutbahn gelangen. Die Höhe der Übertragungswahrscheinlichkeit hängt ab von der Schnitt- bzw. Stichtiefe, der übertragenen Blutmenge und der Zahl der HIV-Kopien im Blut.

Sofortmaßnahmen

  • Stelle mit Wasser und Seife oder Antiseptikum spülen.
  • Spontanen Blutfluss nicht sofort unterbinden – so kann potenziell infektiöses Material ausgespült werden.
  • Stelle nicht quetschen oder drücken!
  • Eine Verletzung an HIV-kontaminierten Instrumenten/Spritzbestecken ist eine klare Indikation für eine PEP.
    (➞ Kapitel 5)

Schutzmöglichkeiten

  1. Latex-Handschuhe tragen
  2. Aufmerksamkeit bei der Arbeit

Keine HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit

Es gibt bislang keinen bekannten Fall einer Infektion mit HIV durch herumliegende Spritzen.

  • Außen an der Nadel anhaftendes, eingetrocknetes Blut ist in der Regel schon alt (meist Stunden) und mit Sauerstoff (Luft) in Kontakt gekommen, HIV ist dadurch „inaktiv“.
  • Auch das Blut in der in der Regel sehr dünnen Kanüle trocknet rasch ein und ist dann nicht mehr infektiös.
  • Kontakt mit dem (besser geschützten) Blut im Spritzenkolben erfolgt bei einer Stichverletzung nicht.

Weitere Informationen:

https://magazin.hiv/magazin/praeven- tion-wissen/wie-gross-ist-das-infekti- onsrisiko-bei-verletzungen-durch-ge- brauchte-spritzen/, Kurzlink https://t1p.de/7rcs5

Vernachlässigbar geringe HIV- Übertragungswahrscheinlichkeit in Deutschland

Blut wird sowohl auf Antikörper gegen HIV als auch auf andere Infektionskrankheiten getestet, z. B. Hepatitis B, C und Syphilis. Laut Robert-Koch-Institut sind in Deutschland seit 2004 nur zwei HIV-Infektionen durch Bluttransfusion bekannt geworden – bei ca. 4 Millionen Transfusionen pro Jahr.

Schutzmöglichkeiten

keine erforderlich

Bei lange im Voraus geplanten Operationen kann die Möglichkeit einer Eigenblutspende genutzt werden.

Keine HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit in Deutschland

Blutprodukte und Gerinnungspräparate werden Verfahren zur Virusinaktivierung unterzogen.

Hohe HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit bei nicht behandelter HIV-Infektion (hohe HIV-Menge im Blut)

Das Risiko einer HIV-Übertragung auf das Baby während der Schwangerschaft, bei der (vaginalen) Geburt und beim Stillen liegt ohne Schutzmaßnahmen wie eine HIV­-Behandlung bei etwa 20 %.

Sehr geringe HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit bei Vorbeugemaßnahmen und Betreuung durch ein erfahrenes medizinisches Team

Unter optimalen Bedingungen beträgt das HIV-Übertragungsrisiko in der Schwangerschaft, bei der Geburt und beim Stillen weniger als 1 %.

Schutzmöglichkeiten

  1. Allen schwangeren Personen in Deutschland soll ein HIV-Test ange- boten werden (➞ Kapitel 8).
  2. Am besten ist ein möglichst frühzeitiger Beginn einer HIV-Behandlung.
  3. Bei weniger als 50 HIV-Kopien/ml Blutplasma und Betreuung durch ein erfahrenes medizinisches Team ist eine vaginale Entbindung möglich. In einigen Fällen sollte eine Kaiserschnittentbindung erfolgen.
  4. Bei wirksamer antiretroviraler Behandlung der austragenden Person schon vor der Schwangerschaft, die ganze Schwangerschaft hindurch und bei der Geburt kann auf eine vorbeugende antiretrovirale Behandlung des Neugeborenen verzichtet werden. Ansonsten bekommt das Baby in der Regel zwei bis vier Wochen ein antiretrovirales Medikament.
  5. Liegt die Zahl der HIV-Kopien im Blut unter 50, ist Stillen in der Regel möglich. Wichtig dafür sind eine gute Beratung und eine engmaschige Begleitung durch eine*n HIV-Ärzt*in.

Keine HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit

  • Mücken saugen, sie pumpen nicht.
  • Mögliche Blutreste am Rüssel sind zu gering, um eine Übertragung zu ermöglichen.
  • Die Mücke ist kein „Zwischenwirt“ von HIV (anders als z. B. bei Malaria).

Schutzmöglichkeiten

keine erforderlich

Vernachlässigbar geringe HIV- Übertragungswahrscheinlichkeit

Weltweit sind nur einzelne Fälle (wahrscheinlicher) HIV-Übertragungen durch Tätowieren oder Piercen beschrieben worden. Ein Risiko besteht, wenn nicht mit sauberen Materialien (Nadeln, extra Farbbehälter für jede*n Kund*in) gearbeitet wird und die allgemeinen Hygienevorschriften nicht eingehalten werden.

Schutzmöglichkeiten

Grunsätzlich sollte man Tätowierungen und Piercings nur von Profis anfertigen lassen, die mit neuen und sterilen Materialien arbeiten (Nadeln, extra Farbbehälter für jede*n Kund*in).