Affenpocken jetzt auch in Deutschland

Immer mehr europäische Länder melden Affenpocken-Fälle, schwule Männer sind besonders betroffen. Das RKI ruft zu Wachsamkeit auf, Expert*innen warnen zugleich vor Panik: Die Erkrankung verläuft in der Regel milde. Wichtigste Botschaft: Symptome ärztlich untersuchen lassen.

Auch in Deutschland ist jetzt ein erster Fall von Affenpocken bei Menschen gemeldet worden. Das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München hat das Affenpockenvirus am Donnerstag zweifelsfrei bei einem Patienten nachgewiesen, berichtete der Sanitätsdienst der Bundeswehr.

Bereits seit Anfang Mai sind Fälle diagnostiziert worden – zunächst in Großbritannien, zuletzt auch in Spanien, Portugal, den USA und Kanada. Viele der Fälle betrafen Männer, die Sex mit Männern hatten.

Das Robert Koch-Institut hat schwule und bisexuelle Männer daher zu besonderer Wachsamkeit aufgerufen. Bei „ungewöhnlichen Hautveränderungen" sollten sie sich unverzüglich medizinisch untersuchen lassen.

Hautveränderungen wie bei Windpocken

Die Affenpocken sind eine Viruserkrankung, die auch beim Menschen auftreten kann, bisher in Europa aber kaum vorkam. In Nigeria kommt es seit 2017 vermehrt zu Fällen von Affenpocken beim Menschen. Eine mögliche Erklärung dafür könnte der nachlassende Pockenimpfschutz der Bevölkerung sein.

Typische Symptome der Affenpocken sind Fieber-, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Ausschlag beziehungsweise bläschenartige Hautveränderungen, ähnlich wie bei Windpocken. Sie treten zum Beispiel im Gesicht, aber auch im Genitalbereich auf. Die Infektion heilt normalerweise von alleine aus.

Schwere Verläufe kommen sehr selten vor. Seit Januar dieses Jahres ist für diesen Fall das Medikament Tecovirimat zugelassen, das aber laut Robert Koch-Institut noch nicht breit verfügbar ist.

Unklar ist noch, wieweit Menschen mit stark geschwächtem Immunsystem – zum Beispiel durch eine lange unbehandelte HIV-Infektion – ein höheres Risiko für schwere Verläufe haben könnten.

Übertragung auch beim Sex möglich

Der Erreger der Affenpocken ist relativ schwer übertragbar. „Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist selten und nur bei engem Kontakt möglich, kann aber durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder Schorf der Affenpocken-Infizierten auftreten, vermutlich auch im Rahmen von sexuellen Handlungen“, teilt das Robert-Koch-Institut in seinem Epidemiologischen Bulletin mit.

Eine Übertragung ist dabei schon durch Tröpfcheninfektion über Atemwegssekrete möglich, die Affenpocken sind also keine sexuell übertragene Infektion im engeren Sinne. In England kam es zum Beispiel auch zu einer Infektion im familiären Zusammenleben.

Angesichts der international steigenden Fallzahlen ist auch mit weiteren Fällen in Deutschland zu rechnen. Expert*innen sehen aber keinen Anlass zu großer Sorge:

„Die Affenpocken werden gut kontrollierbar sein“, sagte Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft, der Tagesschau. STI steht für sexuell übertragbare Infektionen („sexually transmitted infections“).

„Es ist sehr wichtig, dass jetzt nicht Panik und unangemessene Ängste entstehen“, betont auch Holger Wicht, Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe. „Wir begegnen dieser neuen Infektion mit den bewährten Mitteln: Vernunft und Informationen.“

Nicht mit Aids vergleichbar

Ein Virus aus Afrika, das insbesondere schwule Männer betrifft – viele Menschen fühlten sich in den letzten Tagen an die Anfänge der HIV/Aids-Epidemie erinnert.

Doch der Vergleich ist zum Glück nicht zutreffend: Die Ursache von Aids war damals rätselhaft, Übertragungswege waren unklar. Die Erkrankung führte bei vielen Menschen zum Tod. Die Affenpocken hingegen sind schon lange bekannt und verlaufen meist milde.

„Eines können wir aber aus unserer Geschichte lernen: Wir müssen jetzt Stigmatisierung und Schuldzuweisungen gegenüber schwulen Männern und Menschen aus Afrika entschieden entgegentreten, sobald sie auftreten“ betont DAH-Sprecher Holger Wicht.

„Wir haben es mit einer Viruserkrankung zu tun, die unter bestimmten Bedingungen übertragen wird – nicht mehr und nicht weniger. Die Lösung ist Aufklärung, nicht Ausgrenzung.“

howi/ascho

 

Die wichtigsten Infos zu den Affenpocken

Meldung auf tagesschau.de

Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Bericht auf queer.de