Leben retten im Drogennotfall

Beim Drogenkonsum kann es zu lebensgefährlichen Notfällen kommen. Beherztes Eingreifen kann dann Leben retten. Auf jeden Fall sollte so schnell wie möglich unter 112 ein Rettungsdienst gerufen werden. Woran man einen Notfall erkennt und was man an Erster Hilfe tun kann, haben wir hier zusammengestellt.

Das Wichtigste zum Drogennotfall in Kürze

  • Generell gilt: Beherztes Eingreifen kann Leben retten. Jede Hilfe ist besser, als wegzuschauen – keine Angst vor Fehlern! Infos zu Drogennotfall- und Erste-Hilfe-Kursen für Drogengebraucher*innen geben Selbsthilfe- oder Drogenberatungsstellen und Aidshilfen.
  • Bei Krampfanfällen, Atemnot oder Atemstillstand sofort unter 112 den Rettungsdienst anrufen und den Sachverhalt schildern (z. B. „hilflose Person mit Atemstillstand/Person im Schockzustand“; das Stichwort „Drogen“ sollte man vermeiden). Bei nur vereinzelten Atemzügen oder Atemstillstand mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen.
  • Hilflose Personen niemals allein lassen, sondern beruhigend auf sie einwirken. Unbedingt warten, bis der Rettungsdienst eingetroffen ist.
  • Naloxon ist ein Opioid-Gegenspieler und kann z. B. bei Heroin-Überdosierung Leben retten. Naloxon kann auch bei Mischkonsum angewandt werden. Es hebt dann zumindest die Wirkung der Opioide auf.
  • Wichtig: Kochsalzlösung hilft NICHT bei Überdosierung, sondern kann sogar gefährlich sein (Ersticken an Erbrochenem).

Was tun im Drogennotfall?

Beim Konsum verschiedener Substanzen können unterschiedliche Notfälle auftreten. Je nach Symptomen müssen unterschiedliche Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.

Grundsätzlich gelten folgende Empfehlungen:

  • Ruhe bewahren und nach Möglichkeit weitere Menschen um Hilfe bitten
  • Die hilflose Person auf keinen Fall alleinlassen
  • Versuchen, beruhigend auf die hilfsbedürftige Person einzuwirken (z.B. ruhiges Reden, sanftes Streicheln oder einfach Körperkontakt herstellen, z.B. durch Auflegen der Hand)
  • Person möglichst wachhalten, zum Beispiel mit nassen Tüchern im Nacken
  • Für eine geschützte Umgebung sorgen (zum Beispiel Gegenstände entfernen, an denen man sich verletzen könnte)
  • Auf die Risiken bei erneutem Substanzkonsum hinweisen und „Nachlegen“ möglichst verhindern
  • Betroffene Person an den Rettungsdienst übergeben und über die durchgeführten Maßnahmen berichten
  • Ist die Person nicht ansprechbar und auch nicht durch leichtes Schütteln an den Schultern zu wecken? Dann liegt Bewusstlosigkeit vor -> unbedingt unter 112 den Rettungsdienst rufen und Sofortmaßnahmen einleiten (siehe hier)!

Was tun bei einem „Shake“?

Der „Shake“ („Schütteln“) ist eine Abwehrreaktion des Körpers gegen Verunreinigungen und äußert sich in Schüttelfrost, Krämpfen, Zittern, starken Schmerzen und Übelkeit. Diesen äußerst unangenehmen Zustand kann der Körper in der Regel aber selbst überwinden.

Was tun bei einem Krampfanfall?

Krampfanfälle können verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel eine Überdosierung von Kokain oder einen Drogenentzug. Sie äußern sich durch plötzliches Umfallen, Verkrampfungen der Muskulatur, Muskelzucken und Schaum vor dem Mund. Man sollte versuchen die krampfende Person aufzufangen und auf den Rücken auf den Boden zu legen. Dann mögliche Verletzungsquellen aus dem Weg räumen und sofort den Rettungsdienst unter 112 anrufen.

Wichtig: Auf keinen Fall versuchen, die krampfende Person festzuhalten oder ihr etwas zwischen die zusammengebissenen Zähne zu pressen, da dies Verletzungs- und Infektionsgefahren für Helfer_innen und die betroffene Person mit sich bringt.

Was tun bei nicht ansprechbaren und nicht weckbaren Personen?

Hilflose Personen niemals alleine lassen und den Rettungsdienst über 112 anrufen. Bis zum Eintreffen des Notarztes oder der Notärztin dableiben und versuchen, beruhigend auf die Person einzuwirken und sie wachzuhalten. Am besten wirken frische Luft oder nasse Tücher im Nacken.

Bei hilflosen Personen, die man weder durch Ansprache noch durch leichtes Schütteln an den Schultern wecken kann, liegt Bewusstlosigkeit vor. Hier Sofortmaßnahmen einleiten:

  1. Person wenn nötig auf den Rücken legen und Umstehende herbeirufen.
  2. Kopf nach hinten überstrecken und Kinn anheben, damit die Atemwege frei werden.
  3. Etwa 10 Sekunden lang beobachten, ob sich der Brustkorb bewegt und genügend Eigenatmung vorhanden ist. Wenn es im Hinblick auf Corona gefahrlos möglich ist, kann man auch am Mund hören, ob die Person gleichmäßig atmet, und prüfen, ob die Ausatemluft an der Wange spürbar ist.
  4. Sicherstellen, dass der Notruf wirklich abgesetzt wurde.

Was tun bei schwacher Atmung oder Atemstillstand?

Bei Atemstillstand oder nur vereinzelten Atemzügen mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen!

  1. Oberkörper frei machen, beide Hände übereinanderlegen, die Finger verschränken, unteren Handballen auf das untere Drittel des Brustbeins im Zentrum der Brust setzen, Arme durchdrücken und den Brustkorb kontinuierlich mit einer Geschwindigkeit von etwa zwei Druckmassagen pro Sekunde ca. 5 cm tief eindrücken und wieder entlasten. Es hilft, sich dabei den Rhythmus eines Liedes mit 100 bis 120 Beats per Minute vorzustellen, zum Beispiel „Staying Alive“ von den Bee Gees.

    Bis zum Wiedereinsetzen der Atmung oder zum Eintreffen des Rettungsdienstes weitermachen, auch wenn das extrem anstrengend ist. Es kommt dabei sehr häufig zu Rippenbrüchen, die aber in dieser Situation das kleinere Problem sind und wieder verheilen.
     

  2. Eine Mund-zu-Nase- oder Mund-zu-Mund-Beatmung wird Laien nicht empfohlen.
     
  3. Nach etwa 30 Mal Drücken die Atmung überprüfen. Wenn die Atmung in Ordnung ist, Person in die stabile Seitenlage bringen und bei ihr bleiben. Wenn nicht, mit der Herzdruckmassage weitermachen.

Anleitung Stabile Seitenlage

  • Neben die Person knien und den nahen Arm rechtwinklig auslagern. Die Handfläche zeigt nach oben.
  • Dann den Handrücken der fernen Hand an die zugewandte Wange der Person legen und dort festhalten
  • Jetzt das ferne Bein am Knie fassen und die Person zu sich drehen.
  • Die Person soll dann stabil auf der Seite liegen – der Kopf bleibt überstreckt!

Naloxon bei Opioid-Überdosierungen rettet Leben

Notärzt*in unbedingt über die Naloxongabe informieren!

Anzeichen einer Überdosierung mit Opioiden sind

  • langsame, ungleichmäßige Atmung oder keine Atmung
  • Schnarchen, Japsen, Würgen
  • blaue Nägel/blaue Lippen.
  • Zuerst gilt: Immer auf die Sicherheit der betroffenen Person und auch auf die eigene Sicherheit achten! Offene Spritzen oder andere mögliche Verletzungs- und Gefahrenquellen vorsichtig aus der Umgebung entfernen!
  • Dann: Rettungsdienst unter 112 rufen oder eine andere Person bitten, das zu tun.
  • Nächster Schritt: Eine Dosis Naloxon-Nasenspray verabreichen (in Rückenlage, Kopf leicht nach hinten beugen). Die Anleitung befindet sich in der Packung. Wer sich vorher informieren will, findet hier eine PDF-Datei.
  • Person in die stabile Seitenlage bringen. Bei ihr bleiben und sie beobachten, ob die Atmung sich bessert und die Person wieder reagiert.

Anleitung zur Naloxon-Gabe

Besteht weiterhin Atemstillstand, möglichst mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen (Herzdruckmassage):

  • Oberkörper frei machen, beide Handballen übereinanderlegen, Finger verschränken, unteren Handballen auf das untere Drittel des Brustbeins im Zentrum der Brust setzen, Arme durchdrücken und den Brustkorb kontinuierlich mit einer Geschwindigkeit von etwa zwei Druckmassagen pro Sekunde ca. 5 cm tief eindrücken und wieder entlasten. Es hilft, sich dabei den Rhythmus eines Liedes mit 100 bis 120 Beats per Minute vorzustellen, zum Beispiel „Staying Alive“ von den Bee Gees.
  • Achtung: Auch wenn die Person aufwacht, kann es passieren, dass sie erneut bewusstlos wird und aufhört zu atmen.

Bessert sich der Zustand nach 2­-3 Minuten nicht:

  • Zweite Dosis Naloxon-Nasenspray ins andere Nasenloch verabreichen (das funktioniert auch in der stabilen Seitenlage).
  • Erste-Hilfe-Maßnahmen fortsetzen.
  • Naloxon kann bei opioidabhängigen Personen akute Entzugssymptome wie Schmerzen im ganzen Körper, Krämpfe, Erbrechen, Schweißausbruch, Frieren oder Zittern hervorrufen. Manche Menschen können aggressiv reagieren, wenn sie aufwachen.

Wichtig: Naloxon kann auch bei Mischkonsum angewandt werden

Falls neben Opioiden auch noch andere Drogen konsumiert wurden, ist der Einsatz von Naloxon im Falle einer Überdosis trotzdem sinnvoll. Naloxon hebt dann zumindest die Wirkung der Opioide auf.

Hände weg von Kochsalzlösung bei Überdosierungen

Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Kochsalzlösung bei einer Überdosierung hilft. Tatsache ist aber: Eine Injektion mit Kochsalzlösung verursacht starke Übelkeit und Brechreiz. Das kann zwar dazu führen, dass man wieder zu sich kommt – aber auch dazu, dass man sich erbricht und am Erbrochenen erstickt.

Also: Keine Zeit verlieren, sondern den Rettungsdienst alarmieren und gegebenenfalls Sofortmaßnahmen einleiten, zum Beispiel Naloxon-Nasenspray verabreichen.