10. Alternativer Drogen- und Suchtbericht: Perspektiven für Schadensminimierung

Suchtexpert*innen fordern eine wissenschaftlich fundierte Drogenpolitik, den Ausbau der Schadensminimierung und einen Maßnahmenplan zur Senkung drogenbedingter Todesfälle.

In Deutschland werden zwar in hohem Umfang Drogen konsumiert, der Konsum aber wird immer noch zu wenig gesteuert und nur mangelhaft reguliert. Zu diesem Schluss kommt der Alternative Drogen- und Suchtbericht 2023, der am 23.11.2023 vorgestellt wurde.

Der Alternative Drogen- und Suchtbericht (ADSB) wurde als Gegenstück zum Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung initiiert und erscheint in diesem Jahr zum zehnten Mal, während der letzte Bericht der Bundesregierung 2019 erschien.

Alternativer Drogen- und Suchtbericht macht Vorschläge für die Weiterentwicklung der Drogenpolitik

Die Herausgeber*innen des ADSB möchten „die Unzulänglichkeiten der nationalen Drogenpolitik aufzeigen und neue, evidenzbasierte Wege der notwendigen Weiterentwicklung beschreiben“, erklärt Prof. Dr. Heino Stöver, Vorsitzender des Bundesverbands für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik (akzept).

Zwar seien in den vergangenen zehn Jahren einige Anliegen umgesetzt worden, etwa ein Gesetz zur medizinischen Verwendung von Cannabis sowie eine Rechtsgrundlage für das Drugchecking auch in Drogenkonsumräumen.

Trotz dieses Paradigmenwechsels in der deutschen Drogenpolitik bleibe aber weiterhin viel zu tun, so die Herausgeber*innen des 188-seitigen Berichts.

Angebote zur Schadensminimierung sichern und ausbauen

So sei es etwa nach den erfolgreichen Pilotprojekten an der Zeit, Drugchecking-Programme bundesweit umzusetzen, und die substitutionsgestützte Behandlung brauche ein breiteres Engagement: „Um endlich mehr als die bisherigen 50 Prozent der Opioid-Konsumierenden in die Substitutionstherapie zu bekommen, braucht das Versorgungssystem mehr behandelnde Personen in verschiedensten Settings“, sagt Nina Pritszens, Geschäftsführerin von vista Berlin.

Dringenden Handlungsbedarf sehen die Autor*innen des Berichts auch bei dem in deutschen Städten massiv auftretenden Problem der Verelendung durch Crack-Konsum – hier bietet der ADSB erste Handlungsempfehlungen für die Drogenhilfe.

Positionspapiere von Fachverbänden und NGOs bieten Perspektiven für die Drogenarbeit

Mit fachwissenschaftlich untermauerten Positionspapieren, etwa zur Angehörigenarbeit in der Suchthilfe oder der behandlungsbegleitenden psychosozialen Beratung und Betreuung von Substitutionspatient*innen setzt der 10. Alternative Drogen- und Suchtbericht weitere Schwerpunkte und stellt Handlungsmöglichkeiten vor.

Die neue Ausgabe des alternativen Drogen- und Suchtberichts zeige wichtige Perspektiven auf und fördere die kritisch-fachliche Auseinandersetzung zur Weiterentwicklung der Drogenpolitik und Drogenarbeit in Deutschland, sagt Dirk Schäffer. Er ist Referent der Deutschen Aidshilfe für Drogen/Aids und Mitautor eines Positionspapiers zur flächendeckenden Umsetzung von Take-Home-Naloxon zur Senkung von opioidbedingten Drogentodesfällen. „Da die Bundespolitik keinen eigenen Drogenbericht mehr veröffentlicht, der den Ist-Zustand und zukünftige Entwicklungen aufzeigt, ist es umso mehr an den Fachverbänden und Nichtregierungsorganisationen, hier Stellung zu beziehen“, so Schäffer.

(ascho/hs)

Der 10. Alternative Drogen- und Suchtbericht ist als PDF online kostenfrei abrufbar:
https://alternativer-drogenbericht.de/wp-content/uploads/2023/11/ADSB10in2023.pdf