Bundesrat lehnt Teile des Prostituiertenschutzgesetzes ab

Der Bundesrat hat sich heute gegen Teile des von der Bundesregierung geplanten „Prostituiertenschutzgesetzes“ (ProstSchG) ausgesprochen und sich dabei vor allem gegen weitgehende behördliche Befugnisse gegenüber Sexarbeiter_innen positioniert.

Insbesondere die in § 11 Absatz 3 und 4 ProstSchG vorgesehenen, aber nicht näher ausgeführten „Ermächtigungsgrundlagen für behördliche Anordnungen“ sowie die ebenfalls unbestimmten „weiteren Maßnahmen“ seien verfassungsrechtlich bedenklich, so die Stellungnahme des Bundesrats. „Die hier vorgesehene Reglementierung der eigentlich erlaubnisfreien Prostitution steht im Widerspruch zur formulierten Zielsetzung des vorgeschlagenen Gesetzes, Prostituierte schützen zu wollen, und eröffnet weitgehende Eingriffsbefugnisse ohne erkennbare Notwendigkeit“, heißt es darin weiter. Die völlig offen formulierten Normen seien letztlich „ein Freibrief für die Verdrängung jeglicher sichtbarer Prostitution“.

Der Bundesrat bittet die Regierung zudem, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwiefern die Vorschrift, Prostitutionsstätten nicht als Schlaf- oder Wohnraum nutzen zu dürfen, den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung trägt. Gerade bei freiberuflich tätigen Prostituierten sei diese Trennung oft nicht realisierbar. Sexarbeiter_innen, die zur Ausübung der Prostitution nach Deutschland einreisen, sei es kaum möglich, innerhalb von ein bis zwei Tagen eine separate Unterkunft zu finden. Deshalb sei zu befürchten, dass Bordellbetreiber_innen, um den Auflagen zu genügen, zusätzlichen Wohnraum zur Verfügung stellen und eine ohnehin schon gegebene Abhängigkeit der Prostituierten damit noch verstärkt wird.

Für die Abstimmung lagen dem Bundesrat umfassende Empfehlungen vor. Darin hatten die zuständigen Bundesratsratsausschüsse insbesondere die vorgesehene Anmeldepflicht und die Pflicht zur gesundheitlichen Beratung von Sexarbeiter_innen „als stigmatisierend und in ihrer Ausgestaltung rechtlich bedenklich“ abgelehnt. Zudem sahen die Empfehlungen unter anderem eine Streichung der Kondompflicht vor sowie eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit der gewerberechtlichen Auflagen für Kleinstbetriebe. Letztlich wurde nur ein Bruchteil des Empfehlungspapiers in die Beschlussfassung übernommen.

Der Bundesrat leitet seine Stellungnahme nun der Bundesregierung zu, die diese gemeinsam mit dem Gesetzentwurf und einer Gegenäußerung in den Bundestag einbringen wird.

(ascho/Christina Laußmann)

Quelle:

Beschluss des Bundesrats mit Link zur Stellungnahme vom 13.5.2016

Empfehlungen der Ausschüsse vom 2.5.2016 (PDF)

Weitere Informationen:

„Prostituiertenschutzgesetz: neue Gefahren statt Schutz“, Pressemitteilung der Deutschen AIDS-Hilfe vom 21.9.2015

„Der richtige Weg wäre, an der Stigmatisierung zu arbeiten“ – Interview mit der Sexarbeiterin Johanna Weber auf magazin.hiv vom 18.9.2015