Zahl der drogenbedingten Todesfälle erneut gestiegen

Die alarmierende Zunahme der Drogentodesfälle setzt sich fort. Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit verstarben im letzten Jahr 1990 Menschen an den Folgen des Drogenkonsums – vor allem durch Opioide (1.194) und Langzeitfolgen des Konsums (663). Das sind neun Prozent mehr als 2021 und über 100 Prozent mehr als 2012.

„Der Anstieg der drogenbedingten Todesfälle ist ein gesundheitspolitischer Skandal und eine Tragödie für die Betroffenen, ihre Familien und Freund*innen“, sagt Dirk Schäffer, Referent für Drogen und Haft bei der Deutschen Aidshilfe (DAH).

Vermeidbares Leid durch gescheiterte Drogenpolitik

„Der Tod dieser meist jungen Menschen bedeutet unermessliches Leid für Familien, Partner*innen und Freund*innen. Er wäre in vielen Fällen vermeidbar gewesen, wenn sich Deutschland nicht seit Jahrzehnten an eine Verbotspolitik klammern würde, die immer neue Rekorde bei Strafanzeigen hervorbringt und Konsument*innen an den gesellschaftlichen Rand drängt, statt ihnen zu helfen“, so Schäffer.

Zwar gebe es auf Bundesebene in der Ampelkoalition Bewegung in die richtige Richtung, Drogenpolitik und Suchthilfe seien aber in erster Linie eine Aufgabe von Ländern und Kommunen.

Steigende Zahl der Drogentodesfälle erfordert gemeinsames Handeln von Bund, Ländern, Kommunen und Hilfesystem

„Die heute veröffentlichten Zahlen der drogenbedingten Todesfälle erlauben keine Ausflüchte und keine politischen Spiele mehr, sondern erfordern rasches, gemeinsames Handeln. Der Bund ist gefordert, die Verantwortlichen der Länder und Kommunen an einen Tisch zu holen und mit Fachleuten und der Selbsthilfe Schritte auf dem Weg einer lebensweltnahen, entideologisierten und humanen Drogenpolitik zu vereinbaren“, sagt der DAH-Drogenreferent Dirk Schäffer.

Lücken in den Bundesländern schließen

Drogenkonsumräume sind ein wichtiges und niedrigschwelliges Instrument, um hygienischen Konsum zu ermöglichen, Todesfälle durch Überdosierungen zu verhindern und Konsument*innen in weiterführende Angebote zu vermitteln. Trotzdem haben bisher lediglich acht Bundesländer Drogenkonsumräume eingerichtet – in Hamburg und Hessen gibt es je vier, in Berlin acht, in NRW 11 und in Niedersachsen, dem Saarland, Baden-Württemberg und Bremen je einen.

Drugchecking ermöglichen

In vielen Nachbarländern (z.B. Schweiz, Österreich, Niederlande) haben sich niedrigschwellige Angebote zur Analyse von psychoaktiven Substanzen auf Wirkstoffe, Beimischungen und Wirkstoffgehalt samt persönlicher Beratung bewährt. Um diese Säule der Schadensminimierung auch in Deutschland zu verankern, sollte § 10a des Betäubungsmittelgesetzes verändert, der bisher die Substanzanalyse in Drogenkonsumräumen verbietet, so DAH-Drogenreferent Dirk Schäffer.

Naloxon kann Leben retten – Verschreibung muss ausgeweitet werden

Modellprojekte in Bayern und im Bund (NALtrain) sowie in anderen Ländern zeigen, dass ein leicht anwendbares Naloxon-Nasenspray bei Opioid-Überdosierung Leben retten kann. Verschrieben wird das Spray in Deutschland aber nur selten. Dirk Schäffer fordert daher die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin und die Bundesärztekammer auf, sich klar zu positionieren und ihren Mitgliedern den Nutzen dieses Medikaments zu verdeutlichen.

Konsument*innen benötigen einen regulierten Zugang

„Die Maßnahmen zur Schadensminimierung sind wirkungsvoll und notwendig, reichen aber nicht aus“, sagt DAH-Drogenreferent Dirk Schäffer. Ähnlich wie beim Thema Cannabis müsse man über einen regulierten Zugang zu qualitätsgeprüften Substanzen für Drogen gebrauchende Menschen sprechen – wie beim Alkohol auch.

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