Baden-Württemberg macht Drogenkonsumräume möglich

Voraussichtlich im Spätsommer 2019 wird in Karlsruhe der erste Drogenkonsumraum in Baden-Württemberg eröffnet. Nach monatelangen Verhandlungen hat das schwarz-grüne Kabinett eine Landesverordnung verabschiedet, die dies ermöglicht.

Der Karlsruher Gemeinderat hatte Ende April 2018 einstimmig die Einrichtung eines Drogenkonsumraums beschlossen. Im Juni 2018 beschloss die CDU-Landtagsfraktion im Grundsatz, kein Veto gegen eine damals von Sozialminister Manne Lucha (Grüne) geplante Verordnung einzulegen (magazin.hiv berichtete). Dennoch blieben Bedenken, auch im CDU-geführten Innenministerium.

Drogenkonsumräume retten Leben

Die Karlsruher Drogenbeauftragte Cordula Sailer begrüßte den Kabinettsbeschluss. Sie hofft auf eine deutliche Besserung der Situation rund um den Werderplatz, wo sich zeitweise täglich bis zu 80 Drogengebraucher_innen trafen.

Für den Karlsruher Drogenkonsumraum soll ein Nebenraum im Kontaktladen für Suchtkranke in der Karlsruher Kriegsstraße umgebaut werden.

Dort können dann Drogengebraucher_innen mitgebrachte Drogen wie Heroin und Kokain unter hygienischen Bedingungen konsumieren. Das soll Infektionen mit HIV oder Hepatitis verhindern.

Das anwesende Personal kann zudem im Drogennotfall eingreifen und zum Beispiel bei lebensbedrohlichen Überdosierungen Leben retten. Das ist dringend nötig: Allein 2018 wurden im Südwesten 121 Drogentodesfälle registriert.

Schadensminimierung und Beratung

Neben diesen Maßnahmen zur Schadensminimierung bietet das medizinisch geschulte Personal auch Beratung zur Risikominimierung beim Konsum und zu Möglichkeiten des Ausstiegs aus der Sucht an.

Die Verordnung ermöglicht die Einrichtung von Drogenkonsumräumen in Städten mit mehr als 300.000 Einwohner_innen. Das trifft in Baden-Württemberg neben Karlsruhe lediglich auf Stuttgart und Mannheim zu.

Mannheim hatte bereits im Sommer 2018 Interesse an der Einrichtung eines Drogenkonsumraums gezeigt.

Zunächst Befristung auf drei Jahre

Städte wie Freiburg, Ulm und Pforzheim, in denen es ebenfalls eine größere Drogenszene gibt, bleiben außen vor. Außerdem ist die Verordnung zunächst auf drei Jahre begrenzt. Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) begründete dies damit, man wolle erst Erfahrungen sammeln, um dann gegebenenfalls das Angebot zeitlich sowie auf andere Städte auszuweiten.

Dirk Schäffer, Referent für Drogen und Strafvollzug der Deutschen Aidshilfe, begrüßt die Verordnung dennoch. „Die Eröffnung des ersten Drogenkonsumraums in Baden-Württemberg ist ein wichtiger Schritt, um die Palette der Angebote zur Schadensminderung zu erweitern“, so Schäffer. „Der Drogenkonsumraum in Karlsruhe wird Leben retten, Schäden reduzieren und auch ein Angebot für jene sein, die bisher nicht oder nicht ausreichend durch das Hilfesystem erreicht wurden.“

Drogenkonsumräume: bisher nur in sechs Bundesländern

Spürbare Effekte für ganz Baden-Württemberg werde diese Einrichtung wohl nicht erzeugen können, so Schäffer weiter. Sie könne aber dazu beitragen, die Vorbehalte und Ängste in einige anderen Bundesländern in Bezug auf die Einrichtung von Drogenkonsumräumen abzubauen.

Bundesweit gibt es derzeit zwei Dutzend Drogenkonsumräume in sechs von sechzehn Bundesländern: Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Saarland.

(ascho/hs)

Quellen/weitere Informationen

Weg frei für ersten Drogenkonsumraum im Land (Meldung auf www.baden-wuerttemberg.de vom 26.03.2019)

Weg frei für Drogenkonsumräume in Baden-Württemberg (Beitrag auf magazin.hiv vom 19.06.2018)

Standorte und Informationen zu Drogenkonsumräumen in Deutschland: https://www.drogenkonsumraum.net/