Erfolge der weltweiten HIV-Prävention in Gefahr? UNAIDS schlägt Alarm
Global stagniert die Zahl der HIV-Neuinfektionen bei Erwachsenen oder steigt sogar. Die Aids-Organisation der Vereinten Nationen fordert deshalb eindringlich, die Präventionslücken zu schließen.
Während es bei der Verhütung von Mutter-Kind-Übertragungen große Fortschritte gibt – die Zahl der jährlichen Infektionen sank von 290.000 im Jahr 2010 auf 150.000 im Jahr 2015), haben sich laut UNAIDS seit 2010 jährlich konstant etwa 1,9 Millionen Erwachsene mit HIV infiziert.
Nachzulesen sind diese Zahlen im „Prevention Gap Report“ (auf Deutsch etwa „Bericht zu Präventionslücken“), der heute im Vorfeld der Internationalen Aids-Konferenz in Durban veröffentlicht wurde.
Dem Bericht zufolge stieg die Zahl der jährlichen HIV-Neuinfektionen in Osteuropa und Zentralasien seit 2010 um 57 Prozent, in der Karibik um 9, im Mittleren Osten sowie in Nordafrika um 4 und in Lateinamerika um 2 Prozent. Leichte Rückgänge gab es nur in West- und Mitteleuropa, Nordamerika, dem restlichen Afrika sowie im asiatisch-pazifischen Raum.
„Wir schlagen Alarm“, sagte UNAIDS-Chef Michel Sidibé. „Wenn es jetzt zu einem Wiederanstieg der HIV-Infektionen kommt, gerät die Epidemie außer Kontrolle.“ Es sei deshalb dringend erforderlich, die Präventionslücken zu schließen. UNAIDS nennt unter anderem folgende Beispiele:
- Eine funktionierende HIV-Therapie schützt vor einer sexuellen HIV-Übertragung auf andere. Immer noch aber wissen über 40 Prozent aller Menschen mit HIV nichts von ihrer Infektion, nur 46 Prozent haben Zugang zu antiretroviralen Medikamenten und bei nur 38 Prozent schützt die Therapie vor einer Weitergabe.
- 2014 entfielen 35 Prozent aller Neuinfektionen auf Schwule und andere Männer, die Sex mit Männern haben, Sexarbeiter_innen und ihre Kund_innen, injizierende Drogengebraucher_innen sowie Häftlinge. Auch und gerade für diese Gruppen muss der freie, niedrigschwellige und sichere Zugang zu allen Präventionsoptionen geschaffen und gesichert werden.
- Während die Neuinfektionen stagnieren oder steigen, gehen die Zahlungen der Geberländer zurück (von 9,7 Milliarden im Jahr 2013 auf 8,1 Milliarden im Jahr 2015), und nur 20 Prozent der weltweiten HIV-Mittel fließen in die Prävention.
- Die regional am stärksten bedrohten und betroffenen Gruppen brauchen maßgeschneiderte Angebote: Im östlichen und südlichen Afrika zum Beispiel entfallen drei Viertel aller HIV-Neuinfektionen bei Heranwachsenden zwischen 10 und 19 Jahren auf Mädchen und junge Frauen, während im Mittleren Osten und Nordafrika 96 Prozent aller HIV-Neuinfektionen injizierende Drogengebraucher_innen, Männer, die Sex mit Männern haben, und Sexarbeiterinnen sowie ihre Sexpartner_innen betreffen.
Um das Ziel zu erreichen, die Zahl der jährlichen HIV-Neuinfektionen bis 2020 unter 500.000 zu senken, sind laut UNAIDS fünf Säulen entscheidend:
- kombinierte Präventionsangebote für Mädchen und junge Frauen sowie ihre männlichen Partner in Ländern mit weiter HIV-Verbreitung
- evidenzbasierte und an den Menschenrechten orientierte Präventionsprogramme für Schlüsselgruppen
- Stärkung nationaler Kondomprogramme
- Förderung der freiwilligen männlichen Beschneidung in Ländern mit hoher HIV-Prävalenz
- Prä-Expositions-Prophylaxe für Gruppen mit erhöhtem HIV-Risiko.
(ascho/hs)
Quellen/weitere Informationen:
„Prevention Gap Report“ von UNAIDS (PDF-Datei in englischer Sprache)
Pressemitteilung von UNAIDS (in englischer Sprache)