Gerichtsurteil: Feuerwehr darf Bewerber nicht wegen HIV ablehnen

Die Berliner Feuerwehr muss einem Bewerber Entschädigung zahlen, weil sie ihn wegen seines positiven HIV-Status ablehnte.

Zu diesem Urteil kam die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin am 23. September 2022 (Aktenzeichen VG 5 K 322.18).

Den Bewerber allein wegen seines positiven HIV-Status von der Berufslaufbahn bei der Berliner Feuerwehr auszuschließen, sei diskriminierend und rechtfertige keine berufliche Benachteiligung, so das Gericht.

Der 28-jährige Kläger hatte sich im Frühjahr 2018 als Beamter für den feuerwehrtechnischen Dienst beworben. Er hatte kurz davor von seiner HIV-Infektion erfahren. Wie bei allen anderen Bewerber*innen wurde auch bei ihm im Rahmen des Bewerbungsverfahrens ein HIV-Test durchgeführt. Die Feuerwehr lehnte den Mann mit der Begründung ab, dass er wegen seines positiven HIV-Status dauerhaft feuerwehrdienstuntauglich sei.

Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes

Das Gericht folgte dieser Begründung nicht: Die pauschale Ablehnung allein aufgrund eines positiven HIV-Status und nicht aufgrund beruflicher Gründe stelle eine Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) dar. Ein negativer HIV-Status sei nicht in jedem Fall notwendig, um ein Infektionsrisiko für Kolleg*innen auszuschließen bzw. um eine aktuelle oder zukünftige Feuerwehrdiensttauglichkeit zu gewährleisten.

Wie die Pressestelle des Verwaltungsgerichts am 19. Oktober 2022 mitteilte, stützte sich das Gericht in seinem Urteil auf die Einschätzung eines Sachverständigen. Dieser habe überzeugend dargelegt, dass bei einer funktionierenden HIV-Therapie das Virus praktisch nicht übertragbar sei. Überdies seien Menschen mit HIV grundsätzlich auch auf längere Sicht nicht in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt.

Das Berliner Verwaltungsgericht folgt damit in seiner Argumentation und Entscheidung anderen vergleichbaren Urteilen in Diskriminierungsfällen. So hatte 2019 das Verwaltungsgericht Hannover entschieden, dass die Polizei einen Kommissar-Anwärter nicht grundsätzlich wegen seines positiven HIV-Status ablehnen darf.

2.500 Euro Entschädigung wegen Stigmatisierung und Diskriminierung

Im Fall des Bewerbers bei der Berliner Berufsfeuerwehr sprach das Verwaltungsgericht dem Kläger nun nach AGG eine Entschädigung von 2.500 Euro wegen „immaterieller Schäden“ zu. Die Höhe des Schmerzensgelds fiel jedoch geringer aus, als vom Kläger gefordert. Er hatte mindestens 5.000 Euro geltend gemacht.

Bei der Höhe habe das Gericht unter anderem die erfolgte Stigmatisierung berücksichtigt, aber auch, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Bewerbung noch nicht in HIV-Therapie war. Außerdem habe es bei der Bewertung die neuere Praxis der Feuerwehr einbezogen, wonach ein positiver HIV-Status keinen absoluten Ausschlussgrund bei Bewerbungen mehr darstelle.

Gegen das Urteil kann Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

(ascho)

Weitere Informationen der Deutschen AIdshilfe zum Thema HIV und Arbeit:

Allgemeine Informationen: aidshilfe.de/hiv-arbeit

FAQs HIV und Arbeit

„1. Mai: Mit HIV arbeiten? Na klar!“ – Überblicksbeitrag auf magazin.hiv

„HIV bedeutet nicht automatisch dienstuntauglich“ – Interview mit Marco Klingberg, Landesvorsitzender des Verbands lesbischer und schwuler Polizeibediensteter (VelsPol)