Großbritannien macht Kehrtwende in Sachen PrEP

Zur großen Enttäuschung britischer Aids-Organisationen und PrEP-Aktivisten hat der Nationale Gesundheitsdienst (NHS) den breiten Zugang zur HIV-Prä-Expositionsprophylaxe vorläufig auf Eis gelegt.

Zunächst sollen in einer zweijährigen Studie mit 500 homosexuellen Männern die noch offenen Fragen zur Wirksamkeit der PrEP bei Menschen mit besonderem HIV-Risiko sowie zur Wirtschaftlichkeit dieser neuen Intervention geklärt werden, heißt es in einer gestern veröffentlichten Meldung des Nationalen Gesundheitsdienstes (NHS).

Dazu sollen regionale Teststellen eingerichtet und rund 2,5 Millionen Euro bereitgestellt werden. Der NHS will außerdem erkunden, wie die Teilnehmer der PROUD-Studie weiterhin unterstützt und mit welchen Mitteln zusätzliche Hilfebedarfe finanziert werden können.

Die Nationale AIDS-Stiftung (NAT) wirft der Gesundheitsbehörde vor, die Freigabe der PrEP unnötig zu verzögern. Viele der rund 5.000 schwulen Männer, die sich in den kommenden zwei Jahren infizierten, würde man durch eine PrEP schützen können, wäre sie wie empfohlen zugänglich. Außerdem werde man mit den vorgesehenen 500 Studienteilnehmern nicht im Entferntesten der Zahl der schwulen Männer und der Heterosexuellen gerecht, die ein hohes HIV-Risiko haben.

Der Terrence Higgins Trust, die größte und älteste HIV-Selbsthilfeorganisation des Landes, äußerte sich in einer Stellungnahme „geschockt und fassungslos“. Es sei eine Schande, dass der NHS das „revolutionäre Potenzial“ der PrEP ignoriere.

Die überaus erfolgreich verlaufene britische PROUD-Studie, an der 545 schwule Männer mit erhöhtem Infektionsrisiko teilnahmen, hatte ergeben, dass sich durch die Einnahme des HIV-Medikaments Truvada das Infektionsrisiko um 86 Prozent reduziert. In den USA ist die PrEP bereits seit 2012 zugelassen. Mittlerweile ist die Prä-Expositionsprophylaxe auch in Kanada, Frankreich, Israel, Südafrika und Kenia erhältlich.

Die PrEP sei eine der spannendsten Präventionsmöglichkeiten seit Beginn der HIV-Epidemie und biete die Aussicht auf einen wirklichen Erfolg im Kampf gegen das Virus, so die Nationale AIDS-Stifung. Der Nationale Gesundheitsdienst habe mit seiner Entscheidung allerdings kläglich versagt, diese Möglichkeit auch tatsächlich zugänglich zu machen. „Wir fordern die Minister deshalb auf, zu intervenieren und diese beklagenswerte Entscheidung rückgängig zu machen.“

Auch Politiker_innen, darunter der Labour-Abgeordnete Sadiq Khan und Zac Goldsmith von den Konservativen, haben die NHS-Entscheidung bereits scharf kritisiert.

(ascho)

Quellen:

Meldung des National Health Service (NHS) vom 21.03.2016

Pressemitteilung des National AIDS Trust (NAT)

Stellungnahme des Terrence Higgins Trust vom 22.03.2016