HIV/Aids-Organisationen: Es ist Zeit für die HIV-Prophylaxe

Gemeinsamer Appell für die Einführung der PrEP in Deutschland  veröffentlicht / Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG), HIV-Ärzte-Verbund dagnä und Deutsche AIDS-Hilfe (DAH): Wirksames Mittel gegen HIV-Infektionen darf nicht ungenutzt bleiben

Berlin/Hamburg, 28.11.2016 – Die Zeit ist reif für die Einführung der medikamentösen HIV-Prophylaxe in Deutschland. Sie könnte helfen, die Zahl der HIV-Neuinfektionen nachhaltig zu senken. In einem gemeinsamen Appell sprechen sich darum kurz vor dem Welt-Aids-Tag am 1.12. die zuständigen HIV/Aids-Organisationen für die Einführung der  so genannten Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) aus. Die Initiatoren fordern die Bundesregierung und den Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen (G-BA) auf, so schnell wie möglich die nötigen Maßnahmen einzuleiten.

Zuverlässiger Schutz für Menschen mit hohem Risiko

Bei einer PrEP wird das HIV-Medikament Truvada® vorbeugend eingenommen. Es verhindert dann eine HIV-Infektion sehr zuverlässig. In Deutschland kommt die PrEP vor allem für schwule und bisexuelle Männer mit häufigen ungeschützten sexuellen Kontakten in Frage – eine überschaubare Gruppe, in der aber ohne diese Schutzmöglichkeit viele HIV-Infektionen stattfinden.

Seit Oktober ist Truvada® in Europa als PrEP für Menschen mit besonders hohem HIV-Risiko verordnungsfähig. Die Krankenkassen haben jedoch erklärt, für die Kosten nicht aufzukommen, der G-BA hat sich bislang nicht geäußert. Damit ist die PrEP für die meisten Menschen faktisch nicht verfügbar. Denn eine Monatspackung kostet 820 Euro.

Die am Appell beteiligten Organisationen fordern daher:

  • Die PrEP muss von den Krankenkassen zuverlässig erstattet werden. Zu diesem Zweck müssen das Infektionsschutzgesetz oder die Schutzimpfungsrichtlinie des G-BA angepasst werden.
  • Der aktuelle und künftige Hersteller müssen das PrEP-Medikament zu einem sehr viel niedrigeren Preis anbieten. In der Herstellung ist es billig. Die Preissenkung ist der Schlüssel zum Einsatz der PrEP in der  Prävention.

Dazu erklärt Prof. Dr. Georg Behrens, Präsident der Deutschen AIDS-Gesellschaft:

„Mit der PrEP können wir die Erfolge der HIV-Prävention in Deutschland ausbauen. Sie bewahrt Menschen vor HIV und kann damit auch Folgekosten für das Gesundheitssystem sparen. Zugleich verhindert ein regulärer Zugang, dass Menschen sich die PrEP auf eigene Faust beschaffen und sie ohne ärztlichen Beistand anwenden, womit erhebliche Risiken verbunden sind.“

Dr. Knud Schewe, Sprecher des Vorstandes der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä) erläutert:

„Im Praxisalltag erleben wir immer wieder Menschen, die sich vor HIV schützen möchten, denen der Schutz mit Kondomen aber nicht immer gelingt. Endlich können wir auch diesen Menschen etwas anbieten. Aus ärztlicher Sicht können wir es nicht länger verantworten, sie abzuweisen. Das Ergebnis sind vermeidbare HIV-Infektionen.“

Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe, betont:

„Die PrEP wird das Kondom nicht ersetzen, es bleibt für die meisten Menschen das einfachste Mittel, sich vor HIV zu schützen und reduziert das Risiko anderer Geschlechtskrankheiten. Manche Menschen aber brauchen die medikamentöse Prophylaxe, um HIV-negativ zu bleiben. Die PrEP muss daher ein weiterer Baustein der HIV-Prävention werden.“

Schutz mit Kondomen gelingt nicht immer

Die Gründe, warum Menschen der Schutz mit Kondomen nicht gelingt, können vielfältig sein. Sexuelles Verhalten ist oft nicht rational steuerbar, starke Gefühle wie Leidenschaft oder Angst können ebenso eine Rolle spielen wie verinnerlichte Handlungsmuster, Selbstwertprobleme, Alkohol und Drogen oder Erektionsprobleme bei Kondomgebrauch.

Einigkeit mit WHO und UNAIDS

DAIG, dagnä und DAH wissen sich in ihrer Forderung nach der PrEP einig mit der WHO und UNAIDS. In immer mehr Ländern ist die PrEP bereits im Einsatz, darunter die USA, Frankreich und Norwegen.

Die Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG) ist die medizinische Fachgesellschaft zum Thema. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä) vertritt die HIV-Schwerpunktärzte, die täglich mit den Bedürfnissen von Patient_innen konfrontiert sind. Die Deutsche AIDS-Hilfe betreibt HIV-Prävention für die am stärksten von HIV betroffenen Gruppen.

Weitere Informationen:

Appell für die Einführung der PrEP in Deutschland

Umfrage der dagnä

Vorläufige Hinweise zum Einsatz der PrEP der DAIG

Informationen zur PrEP auf aidshilfe.de

Kontakt und Webseiten:

DAIG: Dr. Annette Haberl, Vorstand, annette.haberl@mail.hivcenter.de, 0177 684 30 32, www.daignet.de

dagnä: Robin Rüsenberg, Geschäftsführer, ruesenberg@dagnae.de, Tel. 030 39 80 19 30, www.dagnae.de

DAH: Holger Wicht, Pressesprecher, Tel. 030 69 00 87 16, holger.wicht@dah.aidshilfe.de, www.aidshilfe.de