UNAIDS-Bericht 2019 fordert mehr Engagement von Politik und für Communitys

Die Aids-Organisation der Vereinten Nationen hat neue Zahlen vorgelegt. Der UNAIDS-Bericht 2019 zeigt: Fast überall gehen die HIV-Infektionen und aidsbedingten Todesfälle zurück, immer mehr Menschen bekommen die lebensrettenden HIV-Medikamente. Die Fortschritte drohen aber zu versanden, und vor allem in Osteuropa und Zentralasien steigen die Zahlen sogar.

„Wir brauchen dringend verstärktes politisches Engagement, um Aids zu beenden“, sagte UNAIDS-Interims-Chefin Gunilla Carlsson anlässlich der Vorstellung des Global AIDS Update 2019.

Dazu müsse man ausreichend und intelligent investieren, sich auf die Menschen und nicht auf die Krankheit konzentrieren, Aktionspläne für vernachlässigte Gruppen und Regionen umsetzen sowie die besonders von HIV betroffenen Gruppen mit menschenrechtsbasierten Ansätzen erreichen.

HIV und Aids global: Lichtblicke und Schattenseiten

Der Bericht „Communities at the Centre“ (etwa: Gemeinschaften im Zentrum) zeigt ein gemischtes und auch beunruhigendes Bild vom Stand des weltweiten Engagements gegen HIV und Aids:

Weltweit haben sich laut UNAIDS im Jahr 2018 schätzungsweise 1,7 Millionen Menschen mit HIV infiziert, 160.000 davon waren Kinder bis 15 Jahre. Gegenüber 2010 waren das 16 Prozent weniger HIV-Neuinfektionen.

Verantwortlich dafür sind vor allem das östliche und südliche Afrika.

Allein in Südafrika, wo rund ein Prozent aller Menschen, aber 20 Prozent aller Menschen mit HIV leben, ging die Zahl der HIV-Infektionen von 2010 bis 2018 um rund 40 Prozent zurück.

Zentralasien und Osteuropa fallen zurück

In Osteuropa und Zentralasien dagegen stieg die Zahl der HIV-Neuinfektionen seit 2010 um 29 Prozent, im Nahen/Mittleren Osten um 10 Prozent und in Lateinamerika um 7 Prozent.

Ein Großteil der Infektionen geht hier auf das gemeinsame Benutzen von Spritzen und Nadeln zum Drogenkonsum zurück, weil Maßnahmen wie die Vergabe steriler Spritzbestecke fehlen.

Ähnlich ist das Bild auch bei den aidsbedingten Todesfällen: Während sie global seit 2010 um 33 Prozent sanken, stiegen sie in Osteuropa und Zentralasien um 5 und im Nahen/Mittleren Osten sowie Nordafrika um 9 Prozent.

Noch immer kein ausreichender Zugang zu HIV-Tests und zur HIV-Therapie

Jeder fünfte Mensch mit HIV weiß nicht, dass er infiziert ist – auch, weil Stigmatisierung und Diskriminierung (und die Angst davor) Menschen vom Test abhalten.

Nur etwa sechs von zehn Menschen mit HIV bekommen HIV-Medikamente, bei unter 15-Jährigen ist es nur jedes zweite Kind.

Auch jede fünfte Schwangere weltweit hat keinen Zugang zur HIV-Therapie, sodass es zu vermeidbaren HIV-Übertragungen auf die Kinder kommt.

Die Finanzlücke wird größer

Während die erreichten Fortschritte abflachen und zu versanden drohen, sind die Finanzmittel für die globale HIV- und Aids-Prävention zum ersten Mal seit dem Jahr 2000 gesunken, so der UNAIDS-Bericht.

2018 standen demnach 19 Milliarden US-Dollar zur Verfügung – rund 7,2 Milliarden weniger als der geschätzte Bedarf bis 2020.

UNAIDS fordert daher eine Wiederauffüllung des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria im Oktober mit mindestens 14 Milliarden Dollar sowie mehr nationales und bilaterales finanzielles Engagement.

Schlüsselgruppen sind unterversorgt

In Osteuropa und Zentralasien sowie dem Nahen/Mittleren Osten und Nordafrika entfielen 2018 rund 95 Prozent aller HIV-Infektionen auf Menschen, die Drogen intravenös konsumieren, Schwule und andere Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), trans* Personen, Sexarbeiter_innen und Inhaftierte sowie deren Sexpartner_innen.

Von Präventions- und Behandlungsangeboten bleiben aber gerade diese Schlüsselgruppen häufig ausgeschlossen, etwa durch strukturelle Diskriminierung oder gar Strafverfolgung.

Zu wenig genutzt wird laut UNAIDS auch die HIV-Prophylaxe PrEP: Nur schätzungsweise 300.000 Menschen haben im vergangenen Jahr Medikamente zum Schutz vor HIV genommen, mehr als ein Drittel davon lebt in den USA.

(ascho/hs)

Mehr Informationen zum Global AIDS Update 2019 unter www.unaids.org

Bericht der Tagesschau mit ausführlichem Interview mit unserem Pressesprecher Holger Wicht

Weitere Beiträge zum Thema:

WHO: Defizite beim Engagement gegen HIV, Hepatitis und Geschlechtskrankheiten (Beitrag auf magazin.hiv vom 27. Mai 2019)

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