Versorgung für Opioid-Konsumierende und Substituierte aus der Ukraine sichern!

Verbände der Drogen- und Suchtarbeit fordern die Gesundheitsminister*innen zu Vorbereitungen auf, um die Versorgung von geflüchteten Drogengebraucher*innen und Substitutions-Patient*innen aus der Ukraine zu sichern.

Angesichts der humanitären Katastrophe in der Ukraine sei zu erwarten, dass weitere Hunderttausende vor den russischen Truppen fliehen – im Fall einer Besetzung dann auch Männer zwischen 18 und 60 Jahren, denen als Wehrpflichtigen jetzt noch die Ausreise verweigert werde, heißt es in einem Schreiben, das die Deutsche Aidshilfe und weitere Organisationen am 7. März 2022 an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und seine Kolleg*innen in den Ländern geschickt haben.

Darunter würden sich auch zahlreiche Personen befinden, die opioidabhängig oder in einer Substitutionsbehandlung sind, die in Russland und in den von Russland besetzten oder annektierten Gebieten der Ukraine verboten ist.

2021 gab es rund 200.000 Opioid-Konsumierende und 15.000 Substituierte in der Ukraine

In der Ukraine konsumierten im Jahr 2021 etwa 350.000 Menschen (75 Prozent davon Männer) injizierbare Drogen. Rund 200.000 dieser Menschen konsumierten Opioide. In einer Opioid-Substitutionstherapie (OST) befanden sich im Januar 2021 rund 15.000 Menschen.

Neben den 15.000 Menschen, die sich aktuell in der Substitutionsbehandlung befinden, wird man also von rund 185.000 opioidabhängigen Personen ausgehen können, die im Fall einer Flucht in einer sehr schlechten gesundheitlichen Verfassung in den Aufnahmeländern ankommen.

Viele von ihnen sind mit HIV infiziert (Schätzungen reichen bis zu 20 Prozent der Opiodabhängigen), auch Tuberkulose als Begleitkrankheit ist weit verbreitet.

Nötig sind unverzügliche Vorbereitungen

Die unterzeichnenden Organisationen bitten die Gesundheitsminister*innen daher, „unverzüglich Vorbereitungen zu treffen, um die Fortsetzung oder den Beginn einer opioidgestützten Substitution sowie die Fortsetzung einer HIV-Behandlung zu ermöglichen“.

Außerdem wird der Bundesgesundheitsminister gebeten, sich bei den Kassenärztlichen Vereinigungen für die Aufhebung der Obergrenzen für Opioidsubstitutionsbehandlungen in Praxen und Ambulanzen im Bedarfsfall einzusetzen.

Für die medizinische Aufnahme und weitere Versorgung ist über den bisherigen Standard hinaus seien folgende Maßnahmen in Erwägung zu ziehen:

  • Bereitstellung von Fachkräften, die Erfahrungen in der Behandlung akuter psychischer Traumata aufweisen, vorzugsweise ukrainischsprachige, ansonsten mit Sprachmittler*innen
  • Bereitstellung von Lots*innen/Sozialarbeiter*innen, die in den Sammelunterkünften und/oder in den Sozialen Medien als Bindeglied zur medizinischen Versorgung fungieren können, da der Sanitätsdienst vor Ort das bei der großen Personenzahl nicht wird leisten können
  • Erweiterung des diagnostischen Angebots um HIV- und HCV-Tests, Aufrechterhaltung des TBC-Screenings, Fokus auf MDR-TBC
  • Anamnese von Substanzstörungen/Abhängigkeitserkrankungen, Erweiterung der Diagnostik um Tests auf Opioide (Morphin, Methadon/EDDP und Buprenorphin)
  • Bereitstellung von Ärzt*innen, die Erfahrungen mit der HIV-/HCV-/TBC-Behandlung und mit der Opioidsubstitution haben
  • Schnelle Aufnahme der Geflüchteten in die gesetzliche Krankenversicherung.

Unterzeichnende Organisationen und Einrichtungen

Unterzeichnet haben das Schreiben die folgenden Organisationen und Einrichtungen:

  • Deutsche Aidshilfe
  • akzept (Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit & humane Drogenpolitik)
  • DER PARITÄTISCHE Berlin
  • Deutsche AIDS-Gesellschaft
  • Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin
  • Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter
  • Fachverband Drogen- und Suchthilfe
  • Forum Substitutionspraxis
  • JES Bundesverband.