Welt-Aids-Konferenz: HIV-Maßnahmen wieder stark machen!

Dieses Jahr muss global eine ausreichende Finanzierung sichergestellt werden – auf dem Spiel stehen Millionen Menschenleben. Gesundheitsnotstand durch den Krieg in der Ukraine und internationaler Affenpocken-Ausbruch erfordern dringend solidarische Reaktionen.

In Montréal geht heute die 24. Internationale Aids-Konferenz zu Ende. Die Botschaft der Fachwelt an die Weltöffentlichkeit ist hier in den letzten fünf Tagen überdeutlich geworden: Das Engagement gegen HIV/Aids muss endlich wieder mit voller Kraft fortgesetzt werden. Nach den schweren Rückschlägen durch Covid und die enormen Herausforderungen durch den Krieg in der Ukraine sind besondere Anstrengungen erforderlich.

„Die Erfolge der letzten Jahrzehnte sind in Gefahr – und damit Leben und Gesundheit von Millionen Menschen. Wir brauchen jetzt dringend eine solide Finanzierung der globalen Aktivitäten gegen HIV für die nächsten Jahre. Deutschland kann und muss dazu einen noch stärkeren Beitrag leisten als bisher“, sagt Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe (DAH).

Deutschland muss mehr beitragen

Im September findet in New York die so genannte Wiederauffüllungskonferenz des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) statt, der viele der Programme und Interventionen in wirtschaftlich schwächeren Ländern finanziert. Mindestens 18 Milliarden US-Dollar für die nächsten drei Jahre sind erforderlich, um die weltweiten Maßnahmen gegen HIV wieder auf ein angemessenes Niveau zu bringen.

Ein der Wirtschaftskraft entsprechender Beitrag Deutschlands wären 1,8 Milliarden Euro, hat das Aktionsbündnis gegen Aids (AgA) errechnet, dem die Deutsche Aidshilfe angehört. In der letzten Finanzierungsrunde hat Deutschland eine Milliarde für drei Jahre beigesteuert. Die Bundesregierung sollte jetzt eine Erhöhung erklären und damit auch anderen Ländern ein gutes Beispiel geben.

Gegen Stigma, für betroffene Gruppen und Communitys

Die Arbeit des GFATM ist auch deswegen so wichtig, weil er eng mit den am stärksten von HIV betroffenen Communitys und Gruppen kooperiert und passgenaue Präventions- und Versorgungsangebote finanziert. Teil wirksamer HIV-Prävention ist immer auch der Kampf gegen Stigmatisierung, Marginalisierung und Verfolgung von Menschen mit HIV und der am stärksten betroffenen Gruppen – aber da ist nach wie vor nicht selbstverständlich. In vielen Ländern passiert das Gegenteil.

Welche Maßnahmen funktionieren, um HIV-Neuinfektionen zu verhindern und Menschen mit HIV wirkungsvoll zu behandeln, ist dabei längst bekannt. 

„Es geht darum, bereits existierende Interventionen zu implementieren“, sagte der US-amerikanische Virologe Anthony Fauci bei einer Session der Internationalen Aids-Konferenz und meinte damit ausdrücklich: zu finanzieren.

Wichtige Forderungen der Fachwelt

Weitere Forderungen, die Fachwelt und Community auf der Konferenz formuliert haben:

  • Dringend benötigt werden flexible Finanzierungen für die öffentliche Gesundheit in der Ukraine. HIV-Therapien sind teilweise unterbrochen worden, bei den Substitutionstherapien für Opioidkonsument*innen gibt es Versorgungsengpässe, der Bedarf an der HIV-Prophylaxe PrEP ist gestiegen. Dringend benötigt wird auch psychologische Hilfe.
  • Bei den Affenpocken muss mit mehr Nachdruck gehandelt werden. Die betroffenen Communitys müssen einbezogen werden. Es muss ausreichend Impfstoff in allen Ländern bereitgestellt werden, wo die Infektion auftritt – nicht nur in den reichen Ländern. Pandemien lässt sich nur global begegnen.

„Wir dürfen die Fehler der HIV- und der Covid-Pandemie bei den Affenpocken nicht schon wieder machen. Es ist eine Schande, dass wir erst jetzt über diese Epidemie sprechen, obwohl es in Afrika schon seit 20 Jahren Ausbrüche gibt. Wir brauchen jetzt eine globale solidarische Reaktion auf die Bedrohung, um betroffene Communitys zu schützen und den internationalen Ausbruch möglichst schnell zu bremsen“, sagt DAH-Vorstand Sylvia Urban.

Visa-Desaster darf sich nicht wiederholen

Überschattet wurde die Welt-Aids-Konferenz vom faktischen Ausschluss vieler Teilnehmer*innen, deren Visa-Anträge nicht rechtzeitig bearbeitet worden waren. So fehlten insbesondere viele HIV-Aktivist*innen, Vertreter*innen zivilgesellschaftlicher Organisationen und Wissenschaftler*innen aus Ländern, in denen HIV besonders häufig ist und besondere Aufmerksamkeit verlangt – etwa in Afrika und in Osteuropa. Gegen dieses Versäumnis der kanadischen Einreisebehörden wurde auf der Konferenz immer wieder protestiert.

„Der Ausschluss durch Einreiseprobleme hat der Konferenz und den globalen Maßnahmen gegen HIV, die hier besprochen werden, schweren Schaden zugefügt. So ein Visa-Desaster darf sich unter keinen Umständen wiederholen. Die Veranstalterin und Gastgeberländer stehen in der Pflicht, die Einreise der Konferenzteilnehmer*innen sicherzustellen“, so Sylvia Urban.