WHO-Studie: HIV erhöht das Risiko für schwere Covid-19-Verläufe

HIV erhöht das Risiko schwerer und tödlicher Covid-19-Verläufe, so eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – vor allem bei Nichtbehandelten und Menschen mit Begleiterkrankungen.

Die Ergebnisse der Studie wurden im Vorfeld der 11. IAS Conference on HIV Science veröffentlicht, die vom 18. bis zum 21. Juli stattfindet.

Die WHO hat dazu Daten von fast 270.000 Menschen aus 37 Ländern ausgewertet, die von Januar 2020 bis April 2021 mit Covid-19 ins Krankenhaus kamen. Darunter waren gut 15.000 Menschen mit HIV aus 24 Ländern – etwa 95 Prozent von ihnen aus Subsahara-Afrika, wo rund zwei Drittel aller Menschen mit HIV leben.

Der Altersdurchschnitt lag bei 45,5 Jahren, 37 Prozent waren männlich und fast 92 Prozent nahmen antiretrovirale Medikamente. Viele der Patient*innen mit HIV wiesen auch Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck (33 %), Diabetes (23 %) oder Übergewicht (17 %) auf.

HIV ist offenbar ein unabhängiger Risikofaktor für schwere Covid-19-Verläufe

Laut Forscher*innen der WHO-Studie ist HIV ein unabhängiger Risikofaktor für einen schweren oder gar tödlichen Verlauf einer Covid-19-Erkrankung. Einer der Gründe könnte sein, dass eine HIV-Infektion zu chronischen Entzündungsreaktionen und einer gesteigerten Aktivität des Immunsystems führt, was auch durch eine antiretrovirale Behandlung nicht vollständig unterbunden wird.

Die Autor*innen kommt zu dem Ergebnis, dass die in die Studie eingeschlossenen Menschen mit HIV insgesamt ein um etwa 13 Prozent erhöhtes Risiko eines schweren und ein um etwa 30 Prozent erhöhtes Risiko einer tödlichen Covid-19-Erkrankung hatten.

Dies passt zu Schätzungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut, die bei Menschen mit HIV von einem 1,5-fach erhöhten Risiko eines tödlichen Verlaufs ausgeht.

Die Deutsche Aidshilfe hat sich daher früh eingesetzt, Menschen mit HIV prioritär zu impfen, was dann auch erfolgte.

Stärker erhöht ist das Risiko eines schweren Verlaufs für Menschen mit HIV, die keine HIV-Medikamente nehmen und ein stark geschwächtes Immunsystem haben. Nach aktuellen Schätzungen leben in Deutschland mehr als 10.000 Menschen mit einer nicht diagnostizierten und folglich nicht behandelten HIV-Infektion.

Ebenfalls erhöht ist das Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung bei Menschen mit HIV und zusätzlichen Risikofaktoren (Diabetes mellitus, Nieren- oder Leberschädigungen). Kaum erhöht hingegen ist das Risiko bei wirksamer HIV-Therapie und der Abwesenheit anderer Faktoren.

Folgerungen: Sich und andere schützen und impfen lassen, HIV diagnostizieren und behandeln, Impfstoffe für alle 

„Menschen mit HIV, die HIV-Medikamente nehmen und ein gut funktionierendes Immunsystem haben, sollten auch weiterhin die Schutzmaßnahmen gegen Corona-Übertragungen einhalten und sich vor allem impfen lassen“, so der Medizinreferent der Deutschen Aidshilfe, Armin Schafberger.

„Wer in der Vergangenheit HIV-Risiken hatte und keinen HIV-Test gemacht hat, sollte sich jetzt testen lassen und bei einer HIV-Diagnose rasch mit einer Behandlung anfangen, um sein Immunsystem zu schützen und wieder aufzubauen“, so der DAH-Medizinreferent weiter.

Global gesehen, so Schafberger, zeige die Studie die Notwendigkeit internationaler Solidarität: „Wir müssen alles dafür tun, dass die Menschen überall auf der Welt und insbesondere in ressourcenarmen Settings rasch Zugang zu Impfstoffen bekommen.“

(hs)

Quelle: WHO Global Clinical Platform for COVID-19: Clinical features and prognostic factors of COVID-19 in people living with HIV hospitalized with suspected or confirmed SARS-CoV-2 infection (online verfügbar unter https://www.who.int/news/item/15-07-2021-who-warns-that-hiv-infection-increases-risk-of-severe-and-critical-covid-19)

Informationen zu Corona und HIV finden sich unter aidshilfe.de/corona-hiv