Neues vom Vorstand

MPX-Viren: Empowerment statt Stigmatisierung
Nachdem gegen Ende Mai auch in Deutschland die ersten Infektionen mit MPX-Viren („Affenpocken“) aufgetreten waren, hat die DAH sehr schnell reagiert und auf allen Kanälen Informationen über die Übertragung und den Schutz davor zusammengestellt. Von zentraler Bedeutung war uns dabei von Anfang an, Stigmatisierung und Schuldzuweisungen gegenüber schwulen Männern und Menschen aus Afrika entgegentreten und die Angst vor einem „neuen Aids“ zu nehmen. Es gibt regelmäßige, sehr konstruktive Abstimmungsrunden mit RKI, BMG und BZgA, die uns in dem Weg bestärken, auf persönliches Risikomanagement und Empowerment zu setzen. Die bisherigen Angebote werden noch durch ein Video sowie Plakate und Flyer für Szeneorte ergänzt.
In der Community beobachten wir unterschiedliche Reaktionen – einerseits viel Zurückhaltung, andererseits lange Schlangen vor Clubs und Saunen. Laut einer Umfrage auf queer.de haben schwule Männer mehr Angst vor Stigmatisierung als vor der Infektion selbst.

Parlamentarisches Frühstück
Mitte Mai haben wir Mitglieder des Gesundheitsausschusses, den Drogenbeauftragten und den Queerbeauftragten der Bundesregierung, haushaltspolitischen Sprecher*innen der Bundestagsfraktionen sowie für die Bereiche Menschenrechte und Queerpolitik zuständige Abgeordnete zum Parlamentarischen Frühstück eingeladen. Rund die Hälfte der Anwesenden war neu im Bundestag; deshalb war uns wichtig, ihnen ein breites Bild von unserer Arbeit zu vermitteln, die so viel mehr als HIV-Prävention beinhaltet. In der anschließenden sehr konstruktiven Diskussion haben wir u.a. die Themen positive stimmen 2.0, Sicherstellung der HIV-, PrEP und Substitutionsversorgung sowie Perspektiven der Finanzierung erörtert.

Sichtbar, streitbar, stark: Die Positiven Begegnungen 2022 in Duisburg
Der Krieg in der Ukraine geht auch an der europaweit größten Selbsthilfekonferenz zum Leben mit HIV nicht spurlos vorüber. Nachdem am ursprünglichen Veranstaltungsort im Landschaftspark Nord viele Räume für aus der Ukraine Geflüchtete gebraucht wurden und mögliche andere Lösungen an diesem Ort für das Tagungsformat schwierig gewesen wären, konnten wir kurzfristig auf die Mercatorhallen im Duisburger Zentrum ausweichen. Es freut uns besonders, dass sich viele Menschen aus der Ukraine zur PoBe angemeldet haben und sich hier vernetzen wollen; gleichzeitig erwarten wir auch rund 80 Menschen aus der afrikanischen Community. Die PoBe wird deshalb so bunt und divers wie nie zuvor und findet zum ersten Mal in drei Sprachen – Deutsch, Englisch und Ukrainisch – statt. Ein zusätzliches Experiment ist das Open-Space-Format, das großen Freiraum für die Gestaltung der Themen lässt, die die Teilnehmer*innen einbringen. Es dürfte also spannend werden in Duisburg!

Unterstützung für Geflüchtete aus der Ukraine
Neben der offenen Gruppe auf DAH-intern, in der mittlerweile fast 80 Kolleg*innen aus dem Verband und der Bundesgeschäftsstelle Infos zur Beratung und Unterstützung für Menschen aus der Ukraine austauschen, haben wir regelmäßige Online-Meetings ins Leben gerufen, die ca. alle drei Wochen stattfinden und meist mit einem fachlichen Input (z.B. zum Thema Aufenthalts- und Sozialrecht oder zum Umgang mit Tuberkulose-Fällen) beginnen. Das Angebot wird gut angenommen; die Termine werden jeweils per Rundmail an die Mitgliedsorganisationen und der DAH-intern-Gruppe bekanntgegeben.

WAT-Kampagne 2022: Probleme und ihre positiven Wendungen
In der Auswertung der letztjährigen Kampagne, die Alltagswidrigkeiten wie frühes Aufstehen in den Mittelpunkt gestellt hatte, haben sich viele Mitgliedsorganisationen und Stimmen aus der Community differenziertere, vielfältigere Botschaften gewünscht, die auch ernsthaftere Probleme im Leben mit HIV zeigen. In einem Workshop haben wir die Ausrichtung der Kampagne für dieses Jahr so nachjustiert, dass sie Diskriminierung und Stigmatisierung stärker in den Fokus rückt und gleichzeitig von positiven Wendungen erzählt. Die Protagonist*innen werden also berichten, wie sie es geschafft haben, dass Menschen ihre Vorurteile und ihr abwertendes Verhalten ihnen gegenüber reflektiert und überwunden haben. Insgesamt soll die Kampagne, die auch in diesem Jahr überwiegend online und auf Aktionen und Veranstaltungen präsent sein wird, „lauter“ und selbstbewusster werden.

Neues Gesicht im Fachbereich Medizin und Gesundheitspolitik
Am 1. Juni hat Dr. Axel Jeremias Schmidt die Nachfolge von Armin Schafberger angetreten. Axel Jeremias Schmidt ist der DAH seit langem eng verbunden, u.a. als Ko-Autor der „Bochow-Studien“ (2006–09) oder als Projektmanager der European MSM Internet Surveys (EMIS-2010 und EMIS-2017). Zuletzt war Axel Jeremias Schmidt von 2012–22 als Epidemiologe am Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Bern tätig, mit den Schwerpunkten MSM, HIV, STIs, und Hepatitis B/C. In der Zeit war Axel Jeremias Schmidt zwei Jahre Arzt am Checkpoint Zürich und hat anschließend sieben Jahre lang als Leiter der anonymen STI-Sprechstunde St. Gallen u.a. PrEP-Klienten betreut. Axel Jeremias Schmidt wird sich in einem der nächsten Newsletter ausführlicher vorstellen.

In Stichworten:

  • Die DAH gehört zu den Erstunterzeichnenden der Petition „Zeitenwende für Geflüchtete“. mit der eine grundlegende Reform des Asyl- und Aufenthaltsrechts gefordert wird
  • Im Forschungsprojekt „Sexuelle Gesundheit in trans und abinären Communitys“ ist Erhebungsphase der Daten mit dem letzten Fokusgruppenwochenende abgeschlossen worden.
  • Im Forschungsprojekt „Sexuelle Gesundheit und HIV/STI-Präventionsstrategien und –bedarfe von Sexarbeitenden“ sind ersten Schritte sind gegangen: Die Webseite ist eingerichtet, der Projektbeirat ist berufen, und die Arbeit an einem Ethikvotum hat begonnen.

Termine und Veranstaltungen
Seit Ende April waren wir u.a. auf folgenden Veranstaltungen vertreten:

  • 35-jähriges Jubiläum der Aidshilfe Niedersachsen am 19. Mai mit Reden von Rita Süssmuth und NAH- und DAH-Ehrenmitglied Jean-Luc Tissot
  • Gremientag der Deutschen AIDS-Stiftung mit Verleihung des Ehrenvorsitzes an Rainer Ehlers
  • Sitzung des DAS-Fachbeirats
  • ProPlus-Fachtag in Berlin