Neues vom Vorstand

Aidshilfe gegen rechts

Wir befinden uns in einem Wahljahr, in dem rechte Parteien in drei Bundesländern die meisten Stimmen bekommen könnten und das Recherche-Netzwerk Correctiv den Plan rechtsextremer Kräfte aufgedeckt hat, Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland zu vertreiben. Dagegen gehen nun seit Wochen Hunderttausende auf die Straße. Zusammen mit fast 2.000 Organisationen haben wir unter dem Motto „Hand in Hand“ zu einer der größten Demonstrationen am 3. Februar aufgerufen.

Die Demonstrationen sind ein starkes Zeichen und machen Mut, doch sie allein werden nicht ausreichen, um eine Entwicklung aufzuhalten, die alles torpediert, wofür wir als Aidshilfe stehen: Menschenwürde - auch für Asylbewerber*innen, Inhaftierte und Drogengebrauchende, sexuelle Rechte und Selbstbestimmung, eine bestmögliche Versorgung für alle, Offenheit für sehr unterschiedliche Lebensentwürfe, eine solidarische Gesellschaft, ein Leben ohne Diskriminierung.

Auf vielen Seiten nimmt die Befürchtung zu, dass rechte Parteien wie in vielen europäischen Ländern (mit)regieren könnten. Das zeigt sich u.a. im Agieren der Bundesregierung, die sich von rechts zu einer rigiden Asylpolitik treiben lässt und Abschiebungen massiv forcieren will; und in unserem Verband wächst die Angst, dass unsere Arbeit nicht mehr nur wegen knapper Kassen eingeschränkt wird. Nicht zuletzt spüren wir zunehmenden Gegenwind bis hin zu Hassattacken im Netz.

Wir dürfen uns nicht lähmen lassen, müssen in Aktion kommen und Bündnisse bilden, die die Bandbreite der Zivilgesellschaft abdecken. Wir danken zum einen dem LSVD für die Initiative, die bundesweit tätigen LSBTIQ*-Verbände stärker zusammenzubringen, und zum anderen der AG gegen rechts, die sich in der Bundesgeschäftsstelle neu gegründet hat. Die Kolleg*innen haben zu zwei ersten Online-Meetings einladen. Am 27. und 29. Februar besteht nun die Möglichkeit, sich über die Situation in den Regionen auszutauschen und zu beraten, was Aidshilfen gemeinsam gegen die zunehmende Demokratie- und Menschenfeindlichkeit tun können. Wir werden Formen finden, um den Austausch weiter zu gestalten, und planen u.a., uns auf dem Fachtag vor der diesjährigen MV im November in Köln mit der Prävention in herausfordernden Zeiten zu befassen.

Versorgungsmangel bei HIV-Medikament

Unsere Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit stand im Januar im Zeichen des Mangels am HIV-Medikament mit den Wirkstoffen Emtricitabin+Tenofovirdisoproxil (FTC+TDF). Er führte dazu, dass Nutzer*innen ihre HIV-Prophylaxe PrEP  unterbrechen und HIV-Therapien umgestellt werden mussten. DAH, dagnä, DAIG und die Arbeitsgemeinschaft HIV-kompetenter Apotheken berieten sich bei einem digitalen Runden Tisch mit Vertreter*innen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu dem Engpass. Ein Ergebnis war, dass das BfArM beim Gesundheitsministerium auf die Feststellung eines Versorgungsmangels nach § 79 Abs 5 AMG hinwirkte und dem Beirat für Lieferengpässe empfahl, FTC+TDF wieder auf die Liste der versorgungskritischen Wirkstoffe aufzunehmen.

Am 1. Februar gab das Bundesgesundheitsministerium den Versorgungsmangel schließlich offiziell bekannt. Gleichzeitig kündigte das BfArM zusätzliche Medikamentenlieferungen von zwei Herstellern an. Wir setzen uns jetzt dafür ein, dass die Krankenkassen die Kostenübernahme für alle verfügbaren Medikamente zusichern – auch um Ärzt*innen und Apotheker*innen die Angst vor finanziellen Verlusten zu nehmen.

Wenn die Versorgungskrise in absehbarer Zeit überwunden ist, wird die Bundesregierung dafür sorgen müssen, dass solche Engpässe bei lebensnotwendigen Medikamenten in Zukunft vermieden werden.

Falsch programmierter Jugendschutz

Über längere Zeit wurden Jugendliche, die die Webseite MeinComingOut.de unserer Präventionskampagne ICH WEISS WAS ICH TU aufrufen wollten, von einem roten Stoppschild empfangen. Der technische Jugendschutzfilter „JusProg“ hatte die Seite anhand von Schlüsselwörtern blockiert – ebenso wie andere Angebote, die altersgerecht und in einer an der Zielgruppe orientierten Sprache z.B. über HIV, Sexualität und Drogengebrauch aufklären. Es hat einige Zeit und Mühe gekostet, den Verein JusProg e.V. als Betreiber des Programms zusammen mit netzpolitik.org von der Bedeutung dieser Angebote für junge Menschen zu überzeugen. JusProg e.V. hat inzwischen Maßnahmen ergriffen, um falsche Sperrungen in Zukunft zu reduzieren. Aus unserer Sicht müssen unabhängige Fachleute die Systeme nach öffentlich nachvollziehbaren Kriterien kontrollieren und korrigieren. Nur so können ungerechtfertigte Sperrungen verhindert werden.

Community goes AIDS2024

Die Community-Beteiligung an der Welt-Aids-Konferenz am 22. bis 26. Juli in München nimmt Gestalt an: Die Networking Zone und ein Stand im Global Village, wo sich die NGOs und Community-Projekte präsentieren, sind beantragt; auch einige regionale Aidshilfen wollen mit einem eigenen Stand dabei sein. Im Moment läuft die Mittelakquise auf vollen Touren, um möglichst vielen Community-Vertreter*innen eine Teilnahme ermöglich zu können.

Zur inhaltlichen Vorbereitung der fünf Tage im Global Village, die die DAH jeweils unter ein Oberthema stellt (Diskriminierung, Migration, Diversität, Prävention und Gesundheit) sind alle Menschen aus den Communitys eingeladen, ihre Ideen und Fragen einzubringen. Die Kommunikation läuft über einen Slack-Channel. Ansprechpartnerin für den Zugang ist Heike Gronski (heike.gronski@dah.aidshilfe.de, ab 1.3. wieder zu erreichen). Machen wir das Village zu einem lebendigen Ort des weltweiten gegenseitigen Empowerments und Voneinanderlernens!