„Täter-Opfer-Beratung“ bei Strafverfahren zur HIV-Exposition und Transmission

Obwohl es bundesweit nur wenige Verurteilungen von Menschen mit HIV gibt (ca. drei pro Jahr), ist der Kollateralschaden dieser wenigen Strafverfahren immens. Menschen mit HIV erleben die Kriminalisierung als permanentes Damoklesschwert. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes von 1988 schaffte die Voraussetzung, die HIV-Übertragung als Körperverletzung zu definieren und mit mehrjährigen Haftstrafen zu ahnden. HIV-Positive wurden pauschal als „Täter“ stigmatisiert, deren Bestreben es ist, HIV zu verbreiten, wenn sie kein Kondom benutzen.
Die Rechtspraxis der letzten drei Jahrzehnte ist voll von Urteilen, bei denen unschuldige, unwissende Opfer von „verantwortungslosen, bisweilen sex-süchtigen Tätern“ dem Risiko einer HIV-Infektion ausgesetzt wurden. Hinter mancher Urteilsbegründung schimmert die Ahnung eines Rosenkriegs durch, in dem das „Opfer“ am längeren Hebel sitzt, um aufgestaute Gefühle von Enttäuschung, Verletzung, Betrug und Verrat über die Klage gegen den Ex-Partner ablassen zu können.

Die hohe seelische Dynamik rund um das Thema bedarf einer besonderen Qualifizierung von Beratenden, wenn man einen Beitrag dazu leisten will, Klagen zu verhindern und Menschen mit HIV in dieser Situation beizustehen:

  • Welche Unterstützung brauchen exponierte oder infizierte Kläger_innen in ihrem inneren Prozess der Verarbeitung von Wut und Ent-Täuschung?
  • Welche Alternativen gibt es jenseits einer Klage, um aufgestaute Gefühle von Enttäuschung, Verletzung, Betrug und Verrat ablassen zu können?
  • Welche Unterstützung brauchen Menschen mit HIV, um ein solches Verfahren durchzustehen? Welchen Einfluss haben sie darauf, alternative Formen des Ausgleichs bzw. der Auseinandersetzung zu ermöglichen?
  • In welchen Fällen kann Aidshilfe eine unterstützende Rolle einnehmen?

Voraussetzung hierfür ist allerdings ein vertieftes Verständnis der Täter-Opfer-Retter-Dynamik, die bei solchen Prozessen immer zum Tragen kommt und die Beteiligten rotieren lässt. Bedingung für den Erfolg dieses Seminars eine gute Mischung von Menschen mit und ohne HIV, damit sich die Dynamik des Themas im Seminar voll entfaltet und nach Bearbeitung auch ver-standen werden kann.

Weitere Informationen und der Anmeldebogen finden sich im Anhang