Wahlprüfsteine 2021: Menschen mit HIV vor Diskriminierung schützen

Wie werden Sie der Diskriminierung von Menschen mit HIV entgegenwirken, insbesondere gesetzlich? Werden Sie die Kategorie HIV oder chronische Erkrankungen in die Merkmalsliste des AGG aufnehmen und ein HIV-Testverbot für Einstellungsuntersuchungen festschreiben?

  • Bündnis 90/Die Grünen:

Wir treten der Diskriminierung von Menschen mit HIV entschieden entgegen und werden das Antidiskriminierungsrecht ausbauen. Das gilt für die Arbeitswelt wie für alle anderen Bereiche. Den Schutz vor und die Beseitigung von Diskriminierungen wollen wir GRÜNE mit einem staatlichen Gewährleistungsanspruch in der Verfassung verankern. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz entwickeln wir zu einem echten Bundesantidiskriminierungsgesetz weiter, das Schutzlücken endlich schließt, Klagen gegen Diskriminierung für Betroffene vereinfacht und ein umfassendes Verbandsklagerecht einschließt, damit gegen Diskriminierung strukturell und nachhaltig vorgegangen werden kann. Zudem erweitern wir dessen Anwendungsbereich, sodass es auch für die staatlichen Stellen gilt. Das Netz zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen wollen wir flächendeckend ausbauen und in den Institutionen, wie beispielsweise bei der Polizei oder in Jobcenters Anlaufstellen für diskriminierte Menschen schaffen.

  • CDU/CSU:

CDU und CSU werden sich dafür einsetzen, dass Menschen mit einer chronischen Krankheit, etwa HIV, Diabetes oder Multipler Sklerose, sich im alltäglichen Leben in allen Bereichen ganz selbstverständlich einbringen und teilhaben können. Ein HIV-Test ist schon heute nur dann zulässig, wenn die Tätigkeit bei sachlicher Betrachtung für Dritte mit einem Infektionsrisiko verbunden sein könnte, zum Beispiel bei der Ausübung von chirurgischen Tätigkeiten.

  • FDP:

Bei einer Weiterentwicklung des AGG werden wir prüfen, ob auch die Kategorien HIV oder chronische Erkrankungen in die Merkmalsliste des AGG aufgenommen werden sollten.

  • Die Linke:

Beide Fragen: Ja. Die Linke setzt sich dafür ein, dass Menschen mit HIV nicht diskriminiert werden. Deshalb hat die Bundestagsfraktion Die Linke in der Vergangenheit parlamentarische Initiativen zur Erweiterung des AGG eingebracht, die das AGG um das Merkmal „chronische Erkrankungen“ erweitern sollte. Für eine Einstellungsuntersuchung gibt es aus Sicht der Linken keinerlei Grund, da Menschen mit HIV jeden Beruf ausüben können und HIV-Positive unter Therapie können keinen Virus weitergeben und stellen somit – egal in welchem Beruf – keinerlei Gefahr einer Virusübertragung dar. Ja, Die Linke wird sich dafür einsetzen, ein HIV-Testverbot für Einstellungsuntersuchungen festzuschreiben.

  • SPD:

Moderne HIV-Therapien sind sehr wirkungsvoll und es gibt keine Gründe, warum HIV-positive Menschen nicht in allen Berufen arbeiten können sollten, auch in oft als „problematisch“ angeführten Bereichen wie Pflege, Gesundheit oder Erziehung. Das Bundesarbeitsgericht hat schon vor einigen Jahren entschieden, dass eine HIV-Infektion kein arbeitgeberseitiger Kündigungsgrund ist. Eine HIV-Infektion, auch wenn sie symptomlos ist, ist dennoch als gesellschaftliche Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes anzusehen;  vgl. BAG Urt. v. 19.12.2013, Az. 6 AZR 190/12.

Auch im Beamtenbereich sollten keine anderen Maßstäbe gelten, auch  wenn im Einstellungsverfahren verfahrenstechnische Besonderheiten zu beachten sind. Bei der Einstellung in ein Beamtenverhältnis, bei einer Beförderung oder der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit wird die gesundheitliche Eignung der BewerberInnen bzw. der BeamtInnen bewertet. Die gesundheitliche Eignung muss also aktuell gegeben sein, es spielt aber auch die Prognose für die Zukunft eine Rolle. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Prognosemaßstab 2013 zu Gunsten der Betroffenen verändert, soweit es um den langfristigen Aspekt der Dienstfähigkeit bis zur Pensionierung geht. Insofern hat sich die rechtliche Situation von HIV-positiven Menschen jedenfalls in der Theorie verbessert. Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob der Dienstherr wie im allgemeinen Arbeitsrecht nicht fragen und nicht untersuchen darf. Wir werden prüfen, ob es hier gesetzgeberischen Klarstellungsbedarf gibt.