Wahlprüfsteine 2021: Elektronische Patientenakte

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens bietet Chancen, birgt für Menschen mit stigmatisierten Erkrankungen aber besondere Risiken. Wie werden Sie Sicherheit, Datenschutz, informationelle Selbstbestimmung und barrierearme Zugänge zu Datenspeicherungssystemen bzw. Alternativen sicherstellen?

  • Bündnis 90/Die Grünen:

Wir sehen die großen Chancen der Digitalisierung im Gesundheitswesen für die Versorgung, sei es beispielsweise durch die elektronische Patientenakte, sei es durch telemedizinische Angebote. Datensicherheit und informelle Selbstbestimmung sind für uns wichtige Voraussetzungen für den Erfolg der Digitalisierung. Nur wer sich darauf verlassen kann, dass die besonders sensiblen Gesundheitsdaten sicher sind, wird die digitalen Möglichkeiten in der Zukunft nutzen. Wir GRÜNE werden bei der Weiterentwicklung der Patientenakte darauf bestehen, dass die Patient*innen, wenn gewünscht, sehr präzise entscheiden können, wem sie Einblick in ihre Daten geben wollen und wem nicht. Wir wollen zudem eine Strategie für die Digitalisierung auf den Weg bringen, bei der die Nutzer*innen eingebunden sind. Auf diese Weise wollen wir sicherstellen, dass ihre Interessen etwa beim Aufbau barrierearmer Zugänge sichergestellt sind.

  • CDU/CSU:

Die Patientinnen und Patienten der Zukunft werden – unter Wahrung des Schutzes ihrer Daten – ihre gesamte Krankengeschichte an einem Ort speichern und Ärzte und andere Leistungserbringer darauf zugreifen lassen können. Gleichzeitig wird die Digitalisierung Ärztinnen und Ärzten und vielen weiteren Akteuren im Gesundheitsbereich unter anderem durch eine bessere Vernetzung dabei helfen, Arbeitsprozesse zu vereinfachen und Bürokratie abzubauen. Jegliche Datenspeicherung muss aus unserer Sicht den strengen Anforderungen des Datenschutzes unterliegen. Oberste Prämisse ist bei allen Initiativen, dass die gespeicherten Daten Eigentum der Patientinnen und Patienten sind. Nur diese dürfen entscheiden, wer wann Zugriff auf ihre Daten hat. Diese hohen Sicherheitsstandards bedürfen einer sicheren und flexiblen Telematikinfrastruktur. Um die Anwender der Telematikinfrastruktur noch besser zu unterstützen, haben CDU und CSU in dieser Wahlperiode die Gesellschaft für Telematik beauftragt, einen sicheren Zugang zur Telematikinfrastruktur zu entwickeln.

  • FDP:

Wir Freie Demokraten sind der Überzeugung, dass der Einsatz digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung leisten kann. Um die Potentiale und Vorteile digitaler Gesundheitsleistungen für Patienten und medizinisches Personal voll ausschöpfen zu können, wollen wir alle Akteure im Gesundheitswesen in die Lage versetzen, E-Health-Anwendungen zu verstehen.
Für Patientengruppen, die besondere Schwierigkeiten bei der Anwendung digitaler Medien haben, wollen wir spezielle Angebote schaffen, um sie systematisch zu unterstützen. Denn Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss stets ausgehend von Patientinnen und Patienten gedacht werden und die bestmögliche Versorgung absichern.
Wir wollen die Chancen der Digitalisierung nutzen und den Forschungsstandort Deutschland stärken. Im Rahmen der Digitalisierung im Gesundheitswesen werden wichtige Daten zum individuellen Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten gesammelt. Diese Daten bilden ein enormes Potential für die Gesundheitsforschung in unserem Land. Durch künstliche Intelligenz können aus Gesundheitsdaten Krankheitsbilder wie Infektionskrankungen sowie seltene Erkrankungen frühzeitig erkannt und personalisiert behandelt werden. Wir fordern daher, dass die Nutzung von Gesundheitsdaten grundsätzlich vollständig ermöglicht und die Datenspende auch für die private Forschung nutzbar gemacht wird. Dabei bedarf es jeweils der Einwilligung der Patientin oder des Patienten oder des Ausschlusses der Rückverfolgbarkeit des Personenbezugs.

  • Die Linke:

Die Linke hat die Digitalstrategie der Bundesregierung scharf kritisiert. Nach 15 Jahren Stillstand werden nun aktionistisch unfertige Anwendungen online gebracht und Datenschutzpannen provoziert. Das Versprechen von mehr informationeller Selbstbestimmung wurde gleich bei der Einführung der elektronischen Patientenakte gebrochen. Gerade bei stigmabehafteten Erkrankungen ist es für Versicherte hochproblematisch, wenn nicht gesteuert werden kann, wer Zugriff auf die Daten hat. Wir sehen das nicht nur als DSGVO-Verstoß an, sondern auch als Bärendienst für die Akzeptanz der Digitalisierung. Ähnlich verhält es sich mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), die weder in Bezug auf ihren Nutzen noch auf ihre Datensicherheit ausreichend geprüft sind. Die Linke fordert neben der Selbstbestimmung und Datensicherheit einen starken Fokus auf den Nutzen für die Gruppen, die besonders stark profitieren könnten: Menschen mit mehreren Erkrankungen, mit Einschränkungen oder höherem Alter.

  • SPD

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung werden wir schützen. Wir wollen die Potenziale der Digitalisierung für die Verbesserung von Diagnosen und für die flächendeckende gesundheitliche Versorgung nutzen. Die Digitalisierung kann die Versorgungsqualität und die Effizienz verbessern und Fachkräfte von Aufgaben entlasten. Für die SPD ist aber klar, dass die Digitalisierung unser hervorragendes und engagiertes medizinisches, psychotherapeutisches und pflegerisches Personal nicht ersetzen wird. Hinter guter medizinischer und psychotherapeutischer Versorgung und Pflege stehen immer Menschen. Flächendeckende Weiterbildungs- und Unterstützungsangebote im Bereich der Digitalisierung sind unerlässlich, auch um Diskriminierungen und Stigmatisierungen zu vermeiden. Wir werden dem Schutz der Patientendaten weiterhin höchste Priorität einräumen.