Neues vom Vorstand

40 Jahre DAH: mehr als du denkst!

In diesem Herbst vor 40 Jahren wurde unser Verband gegründet. Das wollen wir mit einem Empfang am 19. Oktober in Berlin feiern und zeigen, dass Aidshilfe-Arbeit mehr ist, als viele denken. In diesem Jahr werden wir auch wieder den Hans-Peter-Hauschild-Preis vergeben; außerdem wird Peter Stuhlmüller mit der Ehrenmitgliedschaft gewürdigt.

Nach der Feier kommt die Arbeit: Unser Fachtag am 20. und 21. Oktober wird im Zeichen von 40 Jahre Strukturelle Prävention stehen. In den Themensträngen werden wir uns u.a. mit n=n, Sexualitäten, Barrieren im Versorgungssystem und der Bedeutung von Kriminalisierung aus unterschiedlichen Perspektiven beschäftigen. An den Fachtag schließt sich vom 21. bis 22.10. die Mitgliederversammlung (in diesem Jahr mit Vorstandswahl) an. Beide Veranstaltungen finden im Oyoun (ehemals Werkstatt der Kulturen) in Berlin-Neukölln statt.

Sachsen arbeitet positiv

Anfang April hat die sächsische Landesregierung unsere Deklaration #positivarbeiten unterzeichnet, mit der Arbeitgeber*innen für einen diskriminierungsfreien Umgang mit HIV-positiven Menschen im Arbeitsleben eintreten. Vielen Dank an die Kolleg*innen der Aids-Hilfe Dresden, die Ministerpräsident Kretschmer für die Beteiligung gewonnen haben!

Forschungsprojekt Sexuelle Gesundheit in trans und nicht-binären Communitys

Nach dem letzten Beiratstreffen Anfang April, das viel positives Feedback gebracht hat, liegt nun auch der Abschlussbericht für das zweijährige Forschungsprojekt von DAH und RKI vor. Er liefert erstmals gesicherte Daten zur sexuellen Gesundheit von trans und nicht-binären Menschen, auf die das Gesundheitssystem nicht ausreichend vorbereitet ist, obwohl sie ein deutlich höheres Risiko haben, sich mit HIV und anderen STI zu infizieren. Viele trans und nicht-binäre Menschen verzichten aus Angst vor Diskriminierung auf bestimmte Leistungen, z.B. auch auf HIV-Tests oder Vorsorgeuntersuchungen, was lebensgefährliche Folgen haben kann. Um die Situation zu verbessern, empfiehlt der Abschlussbericht u.a. mehr communitynahe Beratungs- und Testangebote speziell für trans und nicht-binäre Menschen, die Entwicklung von geeignetem Informationsmaterial, Grundlagenschulungen für medizinisches und beraterisches Personal sowie Qualitätssiegel für Einrichtungen mit Kompetenz in diesem Bereich.

Wir danken dem Projektbeirat, den Mitarbeitenden und allen, die sich an der Studie beteiligt und zum erfolgreichen Abschluss des Projekts beigetragen haben. Auf seiner Basis entwickelt und erprobt die DAH nun in einem zweijährigen Anschlussprojekt ein Peer-to-Peer- und Train-the-Trainer-Curriculum.

Mit RaFT gegen Drogennotfälle

Seit März läuft die zweite Phase des einjährigen Bundesmodellprojekts zur Schnelltestung auf Fentanyl-Beimischungen, die tödliche Überdosierungen auslösen können. Bis August können Drogenkonsument*innen in 17 Drogenkonsumräumen und –mobilen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Münster und Wuppertal ihr mitgebrachtes Straßenheroin kostenlos und anonym innerhalb weniger Minuten auf Fentanyl-Beimengungen testen lassen. Wenn ein Schnelltest das hochwirksame Opioid nachweist, schließt sich eine Beratung zu Harm-Reduction-Maßnahmen an.

Das Angebot stößt vor Ort auf großes Interesse – und es liefert beunruhigende Zahlen: Von den in den ersten durchgeführten und dokumentierten Tests waren 13 Prozent positiv. Das ist deutlich mehr als erwartet und zeigt, dass Fentanyl in Deutschland angekommen ist und dem Straßenheroin beigemengt wird. Das Projekt kommt also offensichtlich zur richtigen Zeit und kann helfen, Drogennotfälle zu vermeiden.

Haushalt 2024: auf der Suche nach Lösungen

Angesichts von Kostensteigerungen und der Ankündigungen aus dem Bundesfinanzministerium blicken wir auf eine schwierige Haushaltsplanung für 2024. Wir werden weiterhin Gespräche mit der Politik führen, die unsere Arbeit nach wie vor sehr wichtig findet. Unser erklärtes Ziel ist, so viele Angebote wie möglich aufrechtzuerhalten. Wir werden uns weiter für eine kostendeckende Finanzierung unserer Arbeit einsetzen und alle möglichen Wege der Drittmittelakquise nutzen. Gleichzeitig müssen wir auch bei der Planung unserer Angebote neu denken. Deshalb werden wir im Juli zunächst mit der Kommission Projekte und Finanzen u.a. beraten, welche Seminare für Online-Formate geeignet sind, wie die Fahrtkostenerstattung angepasst werden und ob es solidarische Lösungen für die Teilnahmebeiträge geben kann.

Orgasm Chasm: Lebensweltorientierte Sexualberatung

Im Oktober startet unsere neue berufsbegleitende Fortbildung, die Berater*innen für den kompetenten und wertschätzenden Umgang mit psychosexuellen Problemstellungen in der HIV-/STI-(Test-)Beratung schulen wird. Über einen Zeitraum von 18 Monaten vermittelt sie in einer Mischung von Präsenz- und Online-Seminaren, Selbstlern- und Reflexionseinheiten die zentralen Grundlagen. Themenschwerpunkte sind u.a. das Reden über Sex und Lust, Sexualberatung in queeren Lebenswelten und schwierige Beziehungsdynamiken.

Kampagne zu Prävention und Behandlung im Strafvollzug

Aufs Ganze sehen, Gesundheit möglich machen – diesen Titel unseres Zukunftspapiers wollen wir mit einem von der letzten MV beschlossenen Verbandsprojekt auch in der Haft umsetzen. Mit einer Kampagne wollen wir Politik, Justizministerien, Anstaltsleitungen, medizinischen Diensten des Vollzugs und Bediensteten unsere Ziele vermitteln: dass Menschen in Haft eine gleichwertige Gesundheitsversorgung bekommen wie Menschen in Freiheit – also auch Zugang zu HIV- und Hepatitis C-Test und –Behandlung, Impfungen, PrEP, Substitution, sterilen Spritzen und anderen Konsumutensilien. Nicht zuletzt soll die Kampagne vor allem kleinere Aidshilfen in der Haftarbeit unterstützen, sodass sehr viel mehr Gefangene als jetzt von ihren Angeboten profitieren können.

Die Stelle der Campaignerin ist ab dem 1. Juni besetzt; dann steigen wir in die Konzeptarbeit ein und werden über die weiteren Fortschritte berichten.

Lehren aus der COVID-19-Pandemie

Mitte März hat das Aktionsbündnis gegen AIDS Politiker*innen und Vertreter*innen anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen zu einem virtuellen Kamingespräch über Erfahrungen, Lehren und Versäumnisse aus der Covid 19-Pandemie eingeladen. MdB Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Die Grünen) hat in diesem Rahmen ihre Zweifel an einer shared responsibility auf internationaler Ebene geäußert, Demokratiedefizite eingeräumt und die Zivilgesellschaft aufgefordert, sich in die Aufarbeitung der Erfahrungen einzubringen, sodass auf politischer Ebene Verbesserungsmaßnahmen ausgehandelt werden können. Dieser Aufforderung wollen wir gerne nachkommen.

Eine Ära geht zu Ende

Für uns war es die letzte Sitzung mit Peter Stuhlmüller, der 1988 zur DAH gekommen ist und nicht nur als Projektmanager Scharnier und Brückenbauer zwischen BZgA und DAH war; er ist auch immer wieder als Interimsgeschäftsführer in die Bresche gesprungen, bevor er 2009 zusammen mit Silke Klumb endgültig in die erste Reihe wechselte. Für uns und die Mitarbeiter*innen war er ein Fels in der Brandung, mit dem man praktisch für jedes Problem eine Lösung finden konnte. Wir konnten uns immer auf seine ungeheure Zahlenkompetenz, sein Organisationswissen, seine Loyalität und sein Da-Sein für die Geschäftsstelle und den Verband verlassen. Wir danken Peter für alles – und freuen uns darauf, ihm auf dem Empfang am 19. Oktober die Ehrenmitgliedschaft verleihen zu können, die ihm die MV angetragen hat.