Lebensweltorientierte Sexualberatung

In der HIV/STI-(Test-)Beratung werden häufig Beratungsanliegen präsentiert, bei denen psychosexuelle Problemstellungen aufgezeigt werden, z.B. Sexualangst, Fragen zur sexuellen Orientierung, Konflikte in Paarbeziehungen und mehr. Ungelöst stellen derartige Problemlagen eine Barriere für eine selbstsichere Ausgestaltung von Sexualität dar und verhindern selbstwirksames Schutzverhalten in Bezug auf die Aufrechterhaltung sexueller Gesundheit. 

In einem zweijährigen Entwicklungszeitraum haben Urs Gamsavar und Leon (Steffen) Taubert, die Referenten des Fachbereichs Beratung und Qualitätsentwicklung der Deutschen Aidshilfe, mit Expert*innen aus der Sexual- und Trans*beratung, Berater*innen und Praktikter*innen aus Aidshilfen und anderen Beratungseinrichtungen die Weichen für ein neues Angebot gelegt, das an dieser Stelle ansetzen soll.

Ziel war, partizipativ eine Fortbildung zu entwickeln, die qualifizierte und erfahrene Berater*innen und Aidshilfe-Fachkräfte dazu befähigt, psychosexuellen Problemstellungen professionell, wertschätzend und kompetent zu begegnen.

Die so entstandene „Lebensweltorientierte Sexualberatung“ vermittelt in Form eines neuen Blended-Learning-Konzepts über einen Zeitraum von 1,5 Jahren die zentralen, an den Zielgruppen orientierten Grundlagen. In einer Mischung von Präsenz- und Online-Seminaren, Selbstlern- und Reflektionseinheiten werden an die Thematik angepasst verschiedene Lernmethoden für ein abwechslungsreiches und intensives Lernprogramm genutzt. Die berufsbegleitende Fortbildung bietet damit Gelegenheit, Fälle aus der Praxis miteinzubringen und das Gelernte wiederum direkt im Arbeitsalltag anzuwenden. Mit einem Abschlussprojekt kann dann das Gelernte in die Praxis umgesetzt werden. Vom Themenspektrum und Umfang her erfüllt die DAH-Weiterbildung alle Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung für eine DGfS-Zertifizierung in „Sexualberatung“. Derzeit befindet sich die DAH im Akkreditierungsprozess und informiert alle Teilnehmenden zeitnah, wenn eine Zertifizierung möglich wird.

Der erste Durchlauf der Weiterbildung startet im Oktober 2023 und endet im März 2025 .

Aufbau der Fortbildung:

Die Fortbildung wird über Online-, Präsenz- und Selbstlerneinheiten in einem Zeitraum von 18 Monaten durchgeführt. Thematische Schwerpunkte sind:

  • LE 1: Präsenz 1: Einführungswochenende (Urs Gamsavar, Leon Steffen Taubert, Alexander Hahne): 06.–08. Oktober 2023, Walsrode
  • LE 2: Online 1: Sexuelle Entwicklung (Hannes Ulrich): 24.10.2023 und 12.12.2023, je 16:00–20:00 Uhr
  • LE 3: Online 2: Über Sex und Lust sprechen (Dorit Grundmann): 11.01.2024 und 29.02.2024, je 16:00–20:00 Uhr
  • Reflexionseinheit: 14.02.24, 16.00-17.30 Uhr
  • LE 4: Online 3: Kind und Co. (Sandra Bischoff, Jana Haskamp (März), Lillian Petry Kababiito (April)): 13.03.24 und 17.04.24 je 16:00–20:00 Uhr
  • Reflexionseinheit: 10.04.24, 16.00-17.30
  • LE 5: Online 4: Sexualberatung in queeren Lebenswelten (Jacques Kohl, Harald Klant): 23.05.2024 und 20.06.2024, je 16:00–20:00 Uhr
  • Reflexionseinheit: 11.06.24, 16.00-17.30
  • LE 6: Präsenz 2: Vertiefungs- und Praxisworkshop (Leon Taubert, Marco Kammholz, Urs Gamsavar); 05.–07. Juli 2024, Walsrode
  • Reflexionseinheit: 17.07.24 16:00 Uhr
  • Reflexionseinheit: 03.09.24 16:00 Uhr
  • LE 7: Online 5: Sex - Körper - Psyche (Dr. med. armin wunder, Marcel Dams): 07.09.2024 und 21.09.2024, je 10:30–14:30 Uhr
  • Reflexionseinheit: 09.10.24 16:00 Uhr
  • LE 8: Online 6: Störungen des sexuellen Erlebens; schwierige Beziehungsdynamiken mit Schwerpunkt auf sexuelle Grenzverletzungen & sexualisierte Gewalt (Ursula Peters):  12.10.2024 und 09.11.2024, je 14:00–18:00 Uhr
  • Reflexionseinheit: 21.11.24 16:00 Uhr
  • LE 9: Abschlussprojekt: Dezember 2024–Februar 2025
  • LE 10: Präsenz 3: Abschlusswochenende (Leon Taubert, Urs Gamsavar): 14.–15. März 2025, Berlin

(LE = Lehreinheit) Hinzu kommen 6 Reflektions-/Supervisionseinheiten, die online durchgeführt werden.

Umfang der Fortbildung:

  • Theoretische und praktische Inhalte  
    • 12 Onlineseminare à 4 Stunden = 48,0
    • 2 Präsenzseminare à 16 Std. = 32,0
    • 1 Präsenzseminar à 12 Std. = 12,0
    • Moodle basierte Selbstlerneinheiten sowie Treffen der Lerngruppen: 5 Einheiten à 9 Std. = 45,0
    • Praxis-Projekt, Abschlussarbeit, ca. 16 Std. = 16,0
    • Supervision: 6 Termine à 2 Std. = 12,0
    • 3 Beratungsfälle mit 3 Terminen plus Vor- und Nachbereitung, Doku; pro Beratungsstunde 3 Stunden Arbeitszeit; pro Fall 9 Std. = 27,0

          Summe: 192,0 Std.

Wer führt die Fortbildung durch?

Die Fortbildungsleitung teilen sich Leon (Steffen) Taubert und Urs Gamsavar. Beide werden die Präsenzseminare und die onlinebasierten Supervisionseinheiten durchführen und für Rückfragen oder Probleme während der Fortbildung zur Verfügung stehen.

Die einzelnen Lehreinheiten werden von einem interdisziplinären Team aus praxiserfahrenen Sexualberater*innen, Mediziner*innen und Psychotherapeut*innen durchgeführt (s.u.).

Wer kann mitmachen?

Die Fortbildung „Lebensweltorientierte Sexualberatung“ richtet sich an Berater*innen aus dem Umfeld HIV/STI-Beratung oder entsprechenden Lebenswelten mit einschlägiger Ausbildung und Berufserfahrung, die aktuell beraterisch tätig sind.

Die Infrastruktur zur Teilnahme an onlinebasierten Lehreinheiten muss gegeben sein. (PC, Internetanschluss, Kamera, ruhiger, störungsfreier Arbeitsraum). Eine Teilnahme über Smartphones oder Tablets ist nicht möglich.

Wie kann ich mich bewerben/anmelden?

Du kannst dich bis zum 18.06.2023 über folgenden Link anmelden.

Wichtig ist, dass du neben der formalen Anmeldung über den oben stehenden Link auch ein Schreiben beifügst, in dem du auf deine Motivation und Erfahrugen eingehst. In dem Schreiben (Umfang 1-2 DIN-A4 Seite) möchten wir dich bitten, dass du darauf eingehst,

  • ... welche Erfahrung und Vorkenntnisse du mit Beratung im HIV/STI-Kontext sowie mit dem Thema Sexualität hast.
  • ... welche Aus- und Weiterbildung du mitbringst, die dich für Beratung oder Psychotherapie befähigt.
  • ... wo und mit welchen Klient*innen du arbeitet.

Ist die Fortbildung zertifiziert?

Alle Teilnehmenden erhalten bei regelmäßiger Teilnahme ein Zertifikat der Deutschen Aidshilfe in „Lebensweltorientierter Sexualberatung". Dafür muss eine kleine Abschlussarbeit vorgelegt werden, die am letzten Wochenendtermin präsentiert werden muss.

Teilnehmende können mit Beendigung der Fortbildung zudem ein Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) in „Sexualberatung“ beantragen. Voraussetzungen sind laut DGfS: Regelmäßige Teilnahme (Fehlzeiten: höchstens 10%), 3 Falldokumentationen nach Erstgespräch und 2-3 Folgeterminen (Dokumentation der Anamneseerhebung, des Symptomverständnis, des Beratungsverlaufs).

Evaluation

Die Seminare werden von uns evaluiert und im ersten Durchlauf zusätzlich noch von einer externen Evaluation begleitet.

Kosten: 

Die Kursgebühr beträgt 1.800 €, zahlbar in drei Raten á 600 Euro pro Jahr (die Raten sind spätestens 4 Wochen vor dem jeweiligen ersten Präsenzseminar des Jahres fällig).

Unterkunft und Verpflegung sind in der Gebühr enthalten. Reisekosten zu den Präsenzseminaren müssen selbst getragen werden.

Fortbildungsleitung

Leon (Steffen) Taubert und Urs Gamsavar

Trainer*innen

  • Hannes Ulrich (LE 2): wissenschaftlicher und therapeutischer Mitarbeiter am Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité Universitätsmedizin Berlin. Dozent und Supervisor in der von der deutschen Bundesärztekammer akkreditierten Weiterbildung Sexualmedizin. Spezialgebiete: Trans*identitäten, Chemsex und sexuelle Präferenzen und damit einhergehende Störungen.
  • Dr. Dorit Grundmann (LE 3): geb. 1986, Dipl.-Psychologin, psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie) und Sexualtherapeutin (DGSMTW); vorwiegend klinische Tätigkeit in der Sexualmedizin (Charité), daneben in Privatpraxis. Seit 2019 Mitarbeit am Quapsss-Projekt der DAH.
  • Sandra Bischoff (LE 4): geb. 1976, Sozialarbeiterin der Aidshilfe Leipzig, Dipl. Soziologin, Sozialtherapeutin (DFS), Sexualpädagogin (gsp), Sexualberaterin (DGfS), seit 2000 haupt- und ehrenamtlich im Aids-Bereich tätig.
  • Jacques Kohl (LE 5): geb. 1986, Psychologe und Systemischer Therapeut, Psychosozialer Leiter des Checkpoint BLN (Psychosoziale und medizinische Anlaufstelle zu jeglichen Fragen der sexuellen Gesundheit für queere Menschen in Berlin)
  • Dr. med. Armin Wunder (LE 7): Facharzt für Allgemeinmedizin in Frankfurt/Main; Lehrbeauftragter am Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität FaM; in der Ausbildung der Studierenden bzw. Weiterbildung der angehenden Fachärzt*innen für Allgemeinmedizin tätig
  • Ursula Peters (LE 8): Dipl. Sozialpädagogin, Sexualberaterin (DGfS), Sexualtherapeutin (IGST), Traumatherapeutin (EQAT), nach 25 Jahren in der HIV- und Sexualberatung schwuler Männer und MSM nun seit einigen Jahren in der Beratung von Frauen, die Gewalt erlebt haben, tätig